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13. März 2023

BAG neu: Beschäftigte bekommen beim Urlaub Vertrauensschutz, Arbeitgeber nicht

BAG neu: Beschäftigte bekommen beim Urlaub Vertrauensschutz, Arbeitgeber nicht

Wie Sie aus unseren bisherigen Berichterstattungen wissen, können Urlaubsansprüche von Beschäftigten nicht mehr verfallen und auch nicht mehr verjähren, wenn Arbeitgeber ihre sogenannte Initiativlast nicht erfüllt haben, sprich jede Person einzeln darauf hingewiesen haben, dass noch xy Urlaubstage bestehen, die bis zum Jahresende genommen werden müssen, andernfalls sie verfallen.

Das Schlimme ist, dass diese neue Rechtsprechung, die durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 eingeleitet wurde, auch für vergangene Jahre gilt. Vertrauensschutz wurde Arbeitgebern also bisher versagt. Etliche Arbeitgeber sehen sich daher heute noch mit Urlaubsansprüchen aus grauer Vorzeit, in der es diese Rechtsprechung noch gar nicht gab, konfrontiert. 

Einziger Lichtblick sind beendete Arbeitsverhältnisse. Denn mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandeln sich Urlaubsansprüche bekanntlich in Urlaubsabgeltungsansprüche um. Dann geht es also nur noch ums Geld für den nicht verbrauchten Urlaub.

Und Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen sowohl arbeits- oder tarifvertraglichen Ausschlussfristen als auch (sofern es solche nicht gibt ) der regelmäßigen 3-jährigen Verjährungsfrist.

Das hat das Bundesarbeitsgericht durch seine Urteile vom 31.01.2023 (Az: 9 AZR 244/20 sowie 9 AZR 456/20), die bisher nur als Pressemitteilungen vorliegen, jetzt noch einmal klar entschieden.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesen beiden Entscheidungen allerdings auch geurteilt, dass für Beschäftigte tarif- oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen sowie Verjährungsfristen erst nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 beginnen. Für die 3-jährige Verjährungsfrist bedeutet das, dass sie – unabhängig davon, wann der Abgeltungsanspruch entstanden ist – frühestens Ende 2018 beginnen konnte. 

Begründung des Bundesarbeitsgerichts:

08. März 2023

Vorsicht Falle: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Geschäftsführern

Vorsicht Falle: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Geschäftsführer:innen

Viele Unternehmen möchten wichtige Mitarbeiter:innen gerne auch über das Ende des Vertrages hinaus vom Wettbewerb fernhalten. Im Fachjargon nennt man das, was mit solchen Beschäftigten vereinbart werden soll, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.
 
Nun sind die Fallkonstellationen, in denen ausgeschiedene Beschäftigte unliebsame Konkurrenz machen können, vielschichtig. Deshalb sind die meisten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote sehr weit gefasst, um jegliche Konkurrenzsituation zu erfassen und die bewusste Umgehung des Verbotes zu erschweren.
 
Wird eine solche Vereinbarung mit einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer abgeschlossen, ist das nicht so problematisch. Denn in diesen Fällen gelten die §§ 74 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB). 
Und in § 74 a Abs. 1 HGB ist, platt gesprochen, Folgendes geregelt: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die zu weit gehen, sind nicht unwirksam. Vielmehr werden sie sozusagen automatisch auf das zulässige Maß reduziert. Wir Juristinnen nennen das die sogenannte geltungserhaltene Reduktion.
 
Die in § 74 a Abs. 1 HGB gesetzlich vorgesehene geltungserhaltene Reduktion ist vertragsrechtlich gesehen phänomenal. Denn in vom Arbeitgeber vorformulierten Verträgen (und auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind i.d.R. vom Arbeitgeber vorformuliert), ist eine geltungserhaltene Reduktion normalerweise verboten, was die Vertragsgestaltung besonders kompliziert macht. § 74 a Abs. 1 HGB ist also eine gesetzliche Ausnahme von dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, die die Vertragsgestaltung erheblich vereinfacht.

Darüber hinaus regeln § 74 ff HGB noch alle möglichen weiteren Dinge, die beim nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Arbeitnehmer:innen zu beachten sind, bis hin zu der sogenannten Karenzentschädigung, also dem Betrag, den Arbeitgeber für solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote an die Beschäftigen bezahlen müssen.
 
Aber was gilt für Geschäftsführer:innen?

01. März 2023

Schon schwanger oder noch nicht? Aktuelles zum Kündigungsschutz werdender Mütter

Schon schwanger oder noch nicht? Aktuelles zum Kündigungsschutz werdender Mütter

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit dem gerade veröffentlichten Urteil vom 24.11.2022 (2 AZR 11/22) mit dem vorgeburtlichen Kündigungsschutz des § 17 MuSchG befasst. Bekanntlich ist die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Die Preisfrage ist also in zahlreichen Fällen: War die Arbeitnehmerin bei Zugang der Kündigung bereits schwanger oder noch nicht? Da der tatsächliche Zeitpunkt der Empfängnis in den allerwenigsten Fällen bekannt sein dürfte – und zwar selbst der Schwangeren nicht – ist klar, dass eine generalisierende Betrachtung her muss. Dazu hat sich das BAG nun aus gegebenem Anlass verhalten und dehnt den Kündigungsschutz zeitlich sehr weit (unseres Erachtens zu weit) aus. Das möchten wir uns etwas näher ansehen und uns – wie auch die Gerichte – mit der weiblichen Biologie befassen:

24. Februar 2023

Lohngleichheit für das andere Geschlecht - eine erste praktische Einordnung nach dem Meilenstein-Urteil des BAG

Lohngleichheit für das andere Geschlecht - eine erste praktische Einordnung nach dem Meilenstein-Urteil des BAG

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023, über die wir in unserem Newsletter vom selben Tag berichtet hatten, finden in den Medien hitzige Debatten statt. Die Frauen als vielfach immer noch benachteiligtes Geschlecht jubeln und die Arbeitgeber beklagen das Ende der Vertragsfreiheit.
 
Grund genug für uns, eine sachliche Einordnung dieses Urteils zu versuchen (die Entscheidung des BAG liegt noch nicht im Volltext vor).

Wichtig ist zunächst, dass der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine zweistufige Prüfung zugrunde liegt:
Auf der ersten Stufe wird geprüft, ob es überhaupt ein Indiz für eine Ungleichbehandlung von Personen unterschiedlichen Geschlechts gibt. Sollte das der Fall sein, prüft das Gericht auf der zweiten Stufe, ob dieses Indiz widerlegt werden kann.

23. Februar 2023

BAG aktuell: Unterschiedlich hohe tarifliche Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit können doch zulässig sein!

BAG aktuell: Unterschiedlich hohe tarifliche Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit können doch zulässig sein!

Am 22.02. hat das Bundesarbeitsgericht eine weitere wichtige Entscheidung zum Thema Gleichbehandlung gefällt.
Dieses Mal ging es um die seit Längerem streitige Frage, ob Tarifverträge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit unterschiedlich hohe Nachtzuschläge vorsehen dürfen.
Die Frage ist überaus praxisrelevant. Denn in vielen Fällen bekommen Beschäftigte für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge als für regelmäßige Nachtarbeit.
 
Aber ist diese Unterscheidung auch mit dem Gleichheitssatz von Artikel 3 unseres Grundgesetzes vereinbar?