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Minijobber Reloaded – was man aktuell alles beachten muss

Geringfügig Beschäftigte – sogenannte Minijobber:innen – sind aus vielen Betrieben nicht wegzudenken. Die Freude über diese „günstigen“ Arbeitsverhältnisse lässt Arbeitgeber aber mitunter vergessen, dass es aus arbeitsvertraglicher Sicht Einiges zu beachten gilt. Aktuell sollten Arbeitgeber besonders drei Dinge auf dem Schirm haben: Das Nachweisgesetz, die Erhöhung von Mindestlohn und Geringfügigkeitsgrenze und die Probleme beim Einsatz von Minijobber:innen auf Abruf.

1. Minijobber und Nachweisgesetz
Treue Leser:innen unseres Newsletters bekommen es regelmäßig vorgebetet: Minijobber:innen sind keine Beschäftigten zweiter Klasse. Das gilt insbesondere beim Urlaub, bei der Vergütung – und natürlich auch mit Blick auf das Nachweisgesetz. Seit dem 01.08.2022 gelten verschärfte Regelungen, wenn es darum geht, die wesentlichen Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses nachzuweisen. Gut beraten ist deshalb, wer spätestens bei Neueinstellungen pro aktiv darauf reagiert und auch bei Minijobbern dafür Sorge trägt, dass den Nachweispflichten genügt wird. Bislang war das Nachweisgesetz als zahnloser Tiger erst recht bei Minijobbern kein großes Thema. Da aber nun Verstöße bußgeldbewehrt sind, kann die stiefmütterliche Behandlung der Verträge Arbeitgeber teuer zu stehen kommen – mit bis zu EUR 2.000,00 pro Verstoß.
 
Konkret bedeutet das, dass in den meisten Verträgen Nachbesserungsbedarf u. a. bei der Tätigkeit, der Arbeitszeit, der Vergütung und der Kündigung bestehen dürfte. Denn gerade Minijob-Verträge wurden in den meisten Unternehmen ja bislang sehr kurzgehalten.
Da das Nachweisgesetz auch für Minijobber:innen gilt, ist damit jetzt Schluss.
Welche Anforderungen das seit dem 01.08.2022 geltende neue Nachweisgesetz aufstellt, können Sie in § 2 des Nachweisgesetzes nachlesen.
Da die Nachweise schriftlich (also mit „Stift auf Papier“) erfolgen müssen, bietet es sich an, sie direkt im Arbeitsvertrag zu erfüllen. Denn gerade Minijobverträge sind ja meistens befristet (entweder nach § 14 Absatz 1 oder Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes oder längstens bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung), und Befristungen müssen ebenfalls schriftlich, also mit „Stift auf Papier“, erfolgen (die Alternative wäre der Abschluss der Verträge mit qualifizierter elektronischer Signatur, wobei die meisten Unternehmen die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen, vgl. auch unseren Newsletter vom 26.04.2022).
 
Zu den nach dem Nachweisgesetz zu erfüllenden Anforderungen gehört u. a. eine kurze Beschreibung der von den Arbeitnehmer:innen zu leistenden Tätigkeit, vgl. § 2 Absatz 1 Nr. 5 des Nachweisgesetzes.
Bei Minijobber:innen ist hier besondere Vorsicht geboten. Denn nach § 4 Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes haben Minijobber:innen Anspruch auf das gleiche Arbeitsentgelt wie vergleichbare Vollzeitbeschäftigte, siehe hierzu auch unseren Newsletter vom 19.05.2022.
Oder anders gesagt: Wenn Arbeitgeber im Minijob-Vertrag unbedacht Stellenprofile von vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten übernehmen, haben Minijobber:innen eine Steilvorlage, um sich auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu berufen, und der Arbeitgeber muss mit Mühen nachweisen, dass sie doch nicht das Gleiche tun (wenn er das denn kann ...).
 
2. Minijobber und Mindestlohn, Arbeitszeit, Geringfügigkeitsgrenze
Aus dem „450-Euro-Job“ wird ab Oktober der „520-Euro-Job“. Gleichzeitig steigt der allgemeine Mindestlohn ab Oktober 2022 auf EUR 12,00 pro Stunde, siehe auch unsere Newsletter vom 23.02.2022 und vom 24.02.2022.
Aufgrund der kräftigen Anhebung des Mindestlohns werden Arbeitgeber sich daher mehr denn je überlegen, wie sie die neue Geringfügigkeitsgrenze in punkto Arbeitszeit angesichts gestiegener Lohnkosten bestmöglich ausschöpfen können.
Und das ist bei der Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass die Monate unterschiedlich viele Arbeitswochen haben können.
Vereinbart man mit Minijobber:innen eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden, würde das in einigen Kalendermonaten dazu führen, dass man oberhalb der neuen Geringfügigkeitsgrenze von EUR 520,00 landet. Hier müssen also ebenfalls Lösungen her, mit denen bei höchstmöglicher Arbeitszeit sowohl der neue Mindestlohn von EUR 12,00/Stunde als auch die Geringfügigkeitsgrenze gewahrt werden.
 
3. Minijobber:innen und Abrufarbeit
Abrufarbeitsverhältnisse sind gerade in Bezug auf Minijobber:innen recht beliebt. Gerade bei Minijobber:innen sind sie aber auch ausgesprochen gefährlich, sagt das Gesetz in § 12 Absatz 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes doch:
 
„Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.“
 
Sieht das Abrufarbeitsverhältnis so aus, dass keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde, fingiert das Gesetz eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden mit der weiteren Folge bei Minijobber:innen, dass aus dem sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis wird. Toll!
 
Da der Gesetzgeber weiß, dass gerade Abrufarbeitsverhältnisse häufig anders gehandhabt werden, als sie gehandhabt werden müssten, hat er in § 2 Absatz Nr. 9 des Nachweisgesetzes auch hier die zu erbringenden Nachweise verschärft.
 
Auch und gerade bei Minijobber:innen gibt es also Einiges zu tun.

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