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BAG zur verdeckten (Video-)Überwachung

In unserem Newsletter vom November 2016  (LINK) haben wir Ihnen von einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg berichtet.

In dieser Entscheidung ging es um eine verhaltensbedingte Kündigung, bei der der Arbeitnehmer nur durch den heimlichen Einsatz eines Privatdetektivs überführt werden konnte. Der Arbeitgeber begründete die Kündigung einerseits mit einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers im Unternehmen seiner Söhne, sowie andererseits mit dem Vorwurf des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte damals entschieden, dass die durch den Privatdetektiv gewonnenen Erkenntnisse nicht in dem Prozess verwertet werden dürften.

Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, dass eine Verwertung dieser Erkenntnisse gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur zulässig sei, wenn der Verdacht einer Straftat zulasten des Arbeitgebers bestünde.

Da es sich vorliegend aber weder um einen Entgeltfortzahlungsbetrug gehandelt habe (der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum war in dem konkreten Fall bereits abgelaufen) und auch die Konkurrenztätigkeit keine Straftat gegen den Arbeitgeber darstelle, sei die Datenerhebung unzulässig gewesen. Das Landesarbeitsgericht hatte, wie wir Ihnen damals berichtet haben, die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. 

Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache nun mit Urteil vom 29. Juni 2017 (Az.: 2 AZR 597716) rechtskräftig entschieden.

Das Bundesarbeitsgericht schloss sich der Ansicht des beklagten Arbeitgebers an und entschied, dass die durch den Privatdetektiv gewonnenen Erkenntnisse in dem Kündigungsschutzprozess hätten verwertet werden müssen.

Laut Bundesarbeitsgericht kommt es nicht darauf an, ob der Vorwurf einer Straftat oder „nur“ der Vorwurf einer schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. Zwar sei dem Landesarbeitsgericht Baden Württemberg dahingehend Recht zu geben, dass eine Datenerhebung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG nur zur Aufdeckung von Straftaten zulässig sei; das BAG leitet die Zulässigkeit der Überwachungsmaßnahme bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen allerdings aus § 32 Abs. 1 Satz 1 BGSG her und sagt Folgendes:

Verdeckte Überwachungsmaßnahmen sind auch bei einem Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen zulässig, wenn

  • die heimliche Überwachung das einzige Mittel ist, weil andere und weniger einschneidende Aufklärungsmaßnahmen nicht vorhanden oder ergebnislos ausgeschöpft sind,
  • die heimliche Überwachung nicht unverhältnismäßig ist,
  • ein konkreter (nicht notwendigerweise dringender) Verdacht für die schwerwiegende Pflichtverletzung besteht und
  • der Verdacht einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern betrifft.

Das Bundesarbeitsgericht setzt damit die schwerwiegenden den strafbaren Handlungen zulasten des Arbeitgebers im Ergebnis gleich. Mit der schwerwiegenden Pflichtverletzung hatte das Bundesarbeitsgericht im konkreten Fall ebenfalls kein Problem.

Eine Konkurrenztätigkeit während des Arbeitsverhältnisses ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Damit ist es laut Bundesarbeitsgericht egal, ob der Arbeitnehmer eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen macht oder einen Wettbewerber des Arbeitgebers unterstützt.

Das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist laut Bundesarbeitsgericht ebenfalls eine erhebliche Pflichtverletzung, selbst wenn der sechswöchige Lohnfortzahlungszeitraum schon abgelaufen ist. Denn durch die Täuschung wird der Arbeitgeber daran gehindert, seine Rechte auf vertragsgemäße Durchführung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.

 Bettina Steinberg         Dr. Mona Geringhoff         Lydia Voß

  • Erstellt am .