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Sonderzahlungen in Konzernstrukturen - können Sonderzahlungen auch mit ausländischen Konzernmüttern vereinbart werden?

Deutsche Unternehmen mit einer ausländischen Muttergesellschaft stehen oft vor folgendem Problem:
Die ausländische Konzernmutter hat ein Bonussystem entwickelt, das sich nicht mit dem deutschen Arbeitsrecht verträgt, aber länderübergreifend gleichermaßen angewendet werden soll.

So laufen uns beispielsweise immer wieder von ausländischen Konzernmüttern entwickelte Bonussysteme über den Weg, die bestimmen, dass eigentlich verdiente Sonderzahlungen nur geleistet werden, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt noch besteht (sogenannte Stichtagsklauseln). Bei diesen Stichtagsklauseln gibt es dann diverse Spielarten. Einige versagen den Bonus bei einem Ausscheiden bis zum Stichtag immer, also egal aus welchen Gründen die Trennung erfolgte. Andere bestrafen nur die sogenannten „bad leaver“, also Beschäftigte, denen verhaltensbedingt gekündigt wurde oder die das Arbeitsverhältnis selbst aus eigenem Antrieb beendet haben.

Im Ausland sind solche Regelungen mitunter durchaus zulässig.

In Deutschland sind sie es bekanntlich zumindest dann nicht, wenn es – wie so oft – um leistungsbezogene Boni geht.
Denn hier gilt wieder unser Mantra:
Stichtagsregelungen sind nur zulässig, wenn die Sonderzahlung (gar) keinen Leistungsbezug hat. Hierüber hatten wir laufend berichtet, zuletzt in unserem Newsletter vom 04.04.2024.

Weil das so ist, stellt sich die Frage, ob man das Problem dadurch lösen kann, dass nicht der deutsche Arbeitgeber, sondern die ausländische Muttergesellschaft die Sonderzahlung nach ihrem (ausländischen) Rechtssystem verspricht.

Darüber führen wir gerade einen Rechtstreit vor dem Arbeitsgericht Köln.

Unsere Mandantin ist die deutsche Tochter einer amerikanischen Muttergesellschaft.
Die amerikanische Gesellschaft hat ein (weltweites) Bonussystem entwickelt.
Die amerikanische Muttergesellschaft ist es auch, die die Bonusvereinbarung mit den Beschäftigten der deutschen Konzerntochter abschließt. Ausgezahlt werden die Boni aber von der deutschen Konzerntochter.

In der Vereinbarung zwischen der amerikanischen Muttergesellschaft und der deutschen Konzerntochter wird allerdings ausdrücklich klargestellt, dass der deutsche Arbeitgeber nur als reine Zahlstelle fungiert.

Sinngemäß heißt es dazu in den Bonusvereinbarungen zwischen der amerikanischen Mutter und den deutschen Beschäftigten:

„Vertragspartner des [Bonussystems] ist ausschließlich [die amerikanische Konzernmutter mit Sitz in den USA]. Die Zahlungen aus diesem [Bonussystem] werden durch die lokalen Gesellschaften als Zahlstelle(n) weitergeleitet.
 
[Das Bonussystem] unterliegt den Gesetzen des Staates [Sitz des Mutterkonzerns in den USA].“


In dem Fall, der derzeit vor dem Arbeitsgericht in Köln verhandelt wird, hat ein ausgeschiedener Beschäftigter der deutschen Tochtergesellschaft nun trotzdem in Deutschland und vor dem Arbeitsgericht Köln geklagt. Verklagt hat er den deutschen Arbeitgeber und dessen amerikanische Mutter. Das Ziel des Klägers war klar: Über die Einbeziehung des deutschen Arbeitgebers wollte er einen Gerichtsstand in Deutschland erreichen; denn wer klagt schon gerne in den USA?

Im Verhandlungstermin, der kürzlich stattfand, hat das Arbeitsgericht Köln zum Ausdruck gebracht, dass es geneigt ist, unserer Auffassung zu folgen.
Wir hatten vorgetragen, dass für die Klage gegen die amerikanische Muttergesellschaft (die ja nicht die Arbeitgeberin ist) das Landgericht und nicht das Arbeitsgericht zuständig ist, dass es an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte fehlt und dass die Klage gegen die deutsche Arbeitgeberin daran scheitern muss, dass die Bonusvereinbarung nicht mit ihr abgeschlossen wurde.

In dem Protokoll zum Verhandlungstermin heißt es zur Frage der Zulässigkeit der Klage gegenüber der ausländischen Konzernmutter:

„Soweit sich der Kläger auf [das Bonussystem] der Beklagten zu 2) [Anmerkung: das ist die amerikanische Konzernmutter] stützt, weist das Gericht daraufhin, dass in den vorgelegten Regelungen […] nach den bisher vorgelegten Unterlagen und der beklagtenseitig vorgenommenen Übersetzung insofern Vertragspartner ausschließlich die Beklagte zu 2) sein dürfte und ausdrücklich die Anwendbarkeit des Rechts des Staates Michigan vereinbart wurde. Insofern weist das Gericht darauf hin, dass Bedenken gegen die internationale Zuständigkeit für die gegenüber der Beklagten zu 2) erhobene Klage bestehen. Das Gericht weist […]  insofern darauf hin, dass eine Rechtswegverweisung an ein unzuständiges Gericht nicht möglich sein dürfte und insoweit bei einer fehlenden internationalen Zuständigkeit die gegenüber der Beklagten zu 2) erhobene Klage abzuweisen sein dürfte und der Rechtstreit dann gegebenenfalls durch die Klägerseite gesondert in den USA geltend zu machen wäre, da eine Verweisung an ein US-amerikanisches Gericht gesetzlich nicht vorgesehen ist.“

Wir sind gespannt, ob das Gericht bei dieser Einschätzung bleibt.

Jedenfalls könnte diese Art der Vertragsgestaltung angesichts der eingangs beschriebenen Problemlage eine Lösung sein.
Denn wie schon gesagt: Wer klagt schon gerne im Ausland?

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