Skip to main content

Countdown für die Inflationsausgleichsprämie:
Welche Gestaltungsspielräume haben Arbeitgeber?

Der Countdown für die Inflationsausgleichsprämie läuft. Arbeitgeber haben nur noch bis zum 31.12.2024 Zeit, Beschäftigten eine steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro zukommen zu lassen.

Als der Gesetzgeber die steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie im Herbst 2022 ins Leben rief, haben sich viele Arbeitgeber gefragt, ob sie die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie von einer Stichtagsregelung abhängig machen oder um „passive“ Zeiten kürzen dürfen.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Inflationsausgleichsprämie das Ziel verfolgt, Beschäftigte aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise zu entlasten, hatte es bezogen auf Stichtags- oder Kürzungsregelungen eine gewisse Zurückhaltung gegeben. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Von den gestiegenen Verbraucherpreisen sind schließlich alle Beschäftigten gleichermaßen betroffen, egal ob sie in einem (un)gekündigten Arbeitsverhältnis stehen oder Zeiten ohne Entgeltbezug haben.

Mittlerweile gibt es aber erste Urteile, die sich mit diesen Fragen befassen.

So hat das Arbeitsgericht Stuttgart in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 14.11.2023 (Az.: 3 Ca 2173/23) entschieden:

Ja, Arbeitgeber können die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie grundsätzlich unter weitere Bedingungen stellen.



Die Stuttgarter Arbeitsrichter begründen das damit, dass die Inflationsausgleichsprämie eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers sei. Deshalb müssten Arbeitgeber berechtigt sein, die Zahlung an Voraussetzungen zu knüpfen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte daher grundsätzlich kein Problem mit einer Stichtagsklausel, also einer Klausel, die die Zahlung davon abhängig macht, dass das Arbeitsverhältnis zum Stichtag xy noch besteht.
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte allerdings ein Problem damit, dass der Arbeitgeber im entschiedenen Fall für befristet Beschäftigte einen späteren Stichtag vorsah als für unbefristet Beschäftigte. Denn das verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, so die Stuttgarter Arbeitsrichter.

Die Stichtagsregelung als solche hielt das Arbeitsgericht Stuttgart aber, wie gesagt, für unproblematisch.

Wie Sie nicht zuletzt aus unserem Newsletter vom 04.04.2024 wissen, ist eine Stichtagsregelung, mit der künftige Betriebstreue belohnt werden soll, eine Möglichkeit, die Arbeitgeber bei nicht-leistungsbezogenen Sonderzahlungen haben.
Eine andere Möglichkeit wäre die, die Inflationsausgleichsprämie für „passive“ Zeiten zu kürzen. Hierbei kann an eine Kürzung für Zeiten ohne Bezug von Entgelt (z.B. bei Langzeitkranken und Elternzeitlern), aber auch an eine Kürzung gem. § 4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (auch für entgeltfortzahlungspflichtige Krankheitstage) gedacht werden.

Ob man bei der Inflationsausgleichsprämie solche Kürzungsregelungen vereinbaren kann, wurde – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.

Mit der Begründung des Arbeitsgerichts Stuttgart, dass es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handele, so dass er sie an weitere Bedingungen knüpfen könne, wäre das möglich und wird auch so in der Literatur vertreten.
Unseres Erachtens sollte eine Kürzung der Inflationsausgleichsprämie für „passive“ Zeiten nach der in unserem Newsletter vom 23.06.2023 besprochenen BAG-Entscheidung vereinbart werden.

Die Verbindung der Inflationsausgleichsprämie mit einer Stichtags- und einer Kürzungsregelung wird aus den in unserem Newsletter vom 04.04.2024 genannten Gründen allerdings nicht gehen. Denn Kürzungen der Inflationsausgleichsprämie für „passive“ Zeiten machen aus ihr eine leistungsbezogene Sonderzahlung. Und Stichtagsregelungen können bei (auch) leistungsbezogenen Sonderzahlungen nicht vereinbart werden.

Und was gilt in steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht? Schaden solche Bedingungen hier?
Die andere Frage ist die, ob Arbeitgeber, die die Inflationsausgleichsprämie mit zusätzlichen, mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehenden „Bedingungen“ verknüpfen, die Steuer- und Abgabenfreiheit riskieren.
Auch hier scheint man großzügig zu sein. So heißt es in den FAQ des Bundesfinanzministeriums: „Unabhängig davon, ob sie [die Bedingungen] arbeitsrechtlich zulässig sind, sind Bedingungen dieser Art für die Steuerfreiheit unschädlich.“ Wichtig ist nur, dass die Zahlung in der Gehaltsabrechnung als Inflationsausgleichsprämie ausgewiesen wird.

Diejenigen, die bis Ende des Jahres noch eine Inflationsausgleichsprämie zahlen möchten (sei es, weil sie hiervon noch gar keinen Gebrauch gemacht haben, sei es, weil sie die 3.000 Euro noch nicht ausgeschöpft haben) haben also Gestaltungsspielräume.
Nur Eines geht nicht: Bereits zugesagte Leistungen, wie z. B. ein Weihnachtsgeld, können nicht in eine Inflationsausgleichsprämie umgewandelt werden. Vielmehr muss es sich hierbei um eine zusätzliche, also nicht ohnehin geschuldete Leistung handeln, vgl. auch unseren Newsletter vom 15.11.2022.

Arbeitgeber, die sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen bei der Inflationsausgleichsprämie für eine Stichtags- oder Kürzungsregelung für „passive“ Zeiten entscheiden, sollten Obacht bei der Bestimmung des Stichtags (Stichtage sind bekanntlich nicht beliebig, zumal wenn sie nach dem Auszahlungszeitpunkt liegen sollen) und auch bei der Ausarbeitung der Kürzungsregelung (vgl. dazu den bereits von uns verlinkten Newsletter vom 23.06.2023) geben. Anwaltliche Hilfe kann hier nicht schaden.

  • Erstellt am .