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Kleine Reihe Elternzeit Teil 2: Alles kann, nichts muss? Der butterweiche Antrag auf Elternteilzeit

Bekanntermaßen müssen sich Eltern mit ihrem ersten Elternzeitverlangen für die ersten zwei Jahre festlegen und dem Arbeitgeber konkret mitteilen, für welche Zeiten innerhalb dieser zwei Jahre Elternzeit genommen werden soll. Wenn während dieser Phase eine Teilzeittätigkeit ins Auge gefasst wird, gibt es verschiedene Varianten, was den Inhalt einer solchen Erklärung anbelangt. Von einem „unverbindlichen Inaussichtstellen“ bis hin zu einer sehr konkreten Bezeichnung von zeitlichem Umfang und Verteilung einzelner Stunden auf bestimmte Wochentage ist das Spektrum breit gefächert.
 
Zugegeben: Nur wenige Eltern sind in der Lage, bereits bei ihrem ersten Elternzeitverlangen eine verlässliche Prognose über den genauen Umfang und die konkrete Verteilung einer gewünschten Elternteilzeit abzugeben – ein Umstand, der durch die sehr zugespitzte Lage auf dem „Kinderbetreuungsmarkt“ noch erschwert wird.
Gleichzeitig besteht häufig die Notwendigkeit oder der Wunsch nach einer Rückkehr in Teilzeit, was Betroffene dem Arbeitgeber möglichst früh mitteilen möchten.
 
Bei Personalverantwortlichen landen folglich häufig Formulierungen wie diese hier:
 
„Nach meiner 12-monatigen Auszeit beabsichtige ich in Elternteilzeit, mit 15-20 Arbeitsstunden/Woche zurückzukommen. Diese würde ich beispielsweise in einer 3-4-Tage Woche (à 5 Stunden/Tag) gestalten, mit der Option von 1-2 Tagen Homeoffice/Woche.“ (Dazu LAG Rheinland-Pfalz vom 18.05.2022, Az.: 7 Sa 405/21.)
 
Oder:
 
„Während der Elternzeit, nach Ablauf des ersten Jahres, ab dem 25.12.2020, möchte ich wieder wie in der letzten Elternzeit, auf Teilzeit (24-Stunden-Woche) arbeiten. Hierzu setze ich mich frühzeitig mit Ihnen in Verbindung, um die Modalitäten zu klären.“ (Dazu LAG München, Urteil vom 09.02.2023, Az.: 3 Sa 194/22.)
 
Diese „butterweichen“ Elternteilzeitanträge stellen Arbeitgeber vor Fragen und Probleme. Ganz konkret wird sich der Arbeitgeber in beiden Fällen fragen, 

  • ob und wie er darauf antworten soll, und
  • was geschieht, wenn er das nicht tut. 

In den beiden vorgenannten Beispielen gingen die Arbeitgeber nicht näher auf die „Anträge“ ein. Die Arbeitnehmerinnen klagten dann jeweils nach Beginn der „gewünschten Elternteilzeiten“ auf Annahmeverzugslohn bzw. Schadensersatz. Vergeblich.
 
Beide Gerichte stellten fest, dass es sich nicht um einen verbindlichen Antrag auf Elternteilzeit handelte. Die Arbeitnehmerinnen hatten also keinen Anspruch darauf, in Teilzeit beschäftigt zu werden. Dafür wäre es vielmehr erforderlich gewesen, dass der Antrag mit Blick auf Umfang und Verteilung der gewünschten Arbeitszeit so konkret ist, dass er durch ein bloßes „ja“ hätte angenommen werden können. Daran fehlte es hier.
 
Das ist aber nur ein Teil der Geschichte. Verlässliche Personalplanung und die möglichst lückenlose Besetzung auch der von Eltern (vorübergehend un-)besetzten Stellen ist für Unternehmen essentiell.
 
Deshalb mag die Motivation der betroffenen Eltern auch darin bestehen, die Einstellung einer Ersatzkraft zu verhindern, die der Rückkehr in Teilzeit entgegenstehen könnte.
 
Tatsache ist aber auch, dass Arbeitgebern zur Deckung des Personalbedarfs oft nur die Einstellung einer befristeten Ersatzkraft als Lösung zur Verfügung steht.
 
Wenn dann ein „echter“ Elternteilzeitantrag kommt (d.h. Stundenanzahl und Verteilung konkret genannt), ist die entscheidende und spannende Frage: Kann die zwischenzeitlich erfolgte, befristete Einstellung einer Ersatzkraft dem Arbeitnehmer als „dringender betrieblicher Grund“ i.S.v. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG für eine Ablehnung der begehrten Teilzeit entgegengehalten werden?
 
Die Arbeitsgerichte bis hin zum BAG waren sich in der Vergangenheit einig: Ja, die befristete Ersatzeinstellung ist ein dringender betrieblicher Grund, der dem Elternteilzeitverlangen entgegenstehen kann.
 
Allerdings gibt es dabei Einschränkungen: So hat das Arbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 15.03.2018, Az.: 11 Ca 7300/17 entschieden, dass ein Arbeitgeber, der den Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers schon vor der Geburt des Kindes kennt, die Erklärungen des Arbeitnehmers zur Elternzeit und Elternteilzeit abwarten muss. Stellt er schon vor der Geburt und den entsprechenden Erklärungen eine befristete Ersatzkraft ein, muss der Arbeitgeber die daraus folgende Doppelbesetzung in Kauf nehmen.
 
Was das für die Praxis heißt und wie Arbeitgeber solche Situationen souverän und rechtssicher meistern, möchten wir in unserer Workshopreihe „Eltern im Unternehmen“ besprechen. „Butterweiche Teilzeitverlangen“ werden wir insbesondere in Teil 2 dieser Reihe am 23.04.2024 behandeln. Nähere Informationen zu den Themen und zur Anmeldung erhalten Sie hier.
 
Sie sehen also: Der Antrag auf Elternteilzeit ist nicht ohne. Und es wird noch besser:
 
Das im Entwurf vorliegende Bürokratieentlastungsgesetz soll die Schriftform bei Elternzeitverlangen und Elternteilzeitverlangen abschaffen und sie durch die Textform ersetzen. Dies soll dann spiegelbildlich auch für die Reaktionen des Arbeitgebers gelten. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung:
 
„Die Einführung der Textform (§ 126b BGB) bringt eine erhebliche Entlastung für die Kommunikation zwischen Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit sich. Die Textform kann durch die Versendung einer E-Mail und gegebenenfalls deren Beantwortung erfüllt werden.“
 
Aus unserer Erfahrung ist das zu kurz gedacht! Es steht zu befürchten, dass aus der Entlastung eine zusätzliche Belastung wird, weil (noch) weniger Sorgfalt auf die entsprechenden Schreiben (E-Mails) verwandt werden wird. Mit der Folge, dass noch häufiger als bisher Schwierigkeiten entstehen, wenn es darum geht, zu deuten, was mit einem „butterweichen“ Antrag tatsächlich gemeint ist.
 
Wenn es tatsächlich dazu kommt, sind Personalabteilungen sehr gut beraten, sich auf die Änderungen rechtzeitig einzustellen und jede Reaktion per E-Mail gut zu überlegen.
Zum Trost: Die geplanten Änderungen sollen erst für nach dem 30.04.2025 geborene Kinder in Kraft treten.
 
Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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