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Rückblick auf 2023 und Ausblick auf 2024

Zum Ende des Jahres möchten wir gerne einen Rückblick auf das Jahr 2023 und einen Ausblick auf das Jahr 2024 machen.

Unser Rückblick:

In diesem Jahr hat es viele tolle Urteile gegeben. Die Fülle der Entscheidungen war so groß, dass wir längst nicht von allen Entscheidungen berichten konnten. Wir haben uns in unseren Berichterstattungen daher im Wesentlichen auf wichtige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) konzentriert, da das BAG nun einmal die tonangebende Instanz im Arbeitsrecht ist.

Gerne möchten wir zum Jahresende einige aus unserer Sicht besonders wichtige Entscheidungen noch einmal Revue passieren lassen.

Urteile zum Thema AU

  • In seinem Urteil vom 18.01.2023 hat das BAG die Auskunftspflicht von Beschäftigen bei Fortsetzungserkrankungen präzisiert und klargestellt, dass Unternehmen sich nicht nur auf die Auskünfte der Krankenkassen verlassen müssen; über diese Entscheidung hatten wir in unserem Newsletter vom 10.05.2023 berichtet.
  • In seinem Urteil vom 28.06.2023 hat das BAG entschieden, dass auch Verstöße gegen die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien den Beweiswert einer AU erschüttern können; über diese Entscheidung hatten wir in unserem Newsletter vom 24.11.2023 informiert.
  • Und per Urteil vom 13.12.2023 hat das BAG seine arbeitgeberfreundliche Tendenz zur Erschütterung des Beweiswerts von AU im Zusammenhang mit dem Ausspruch von Kündigungen ausgebaut; mehr zu diesem Urteil können Sie in unserem Newsletter vom 18.12.2023 nachlesen. 

Urlaub
 
Beim Urlaub war die Rechtsprechung, geprägt durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH), weniger arbeitgeberfreundlich.
Das betrifft zumindest die Unternehmen, die ihrer Initiativlast nicht nachgekommen sind. Denn für diese Arbeitgeber gilt:

👉 Urlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis verjähren nicht innerhalb der regulären Verjährungsfrist von 3 Jahren; ob sie wenigstens innerhalb von 10 Jahren verjähren, steht noch nicht fest.
👉 Anders ist es bezogen auf Urlaubsansprüche im beendeten Arbeitsverhältnis. Für die dann zu zahlende Urlaubsabgeltung gelten sowohl tarif- oder arbeitsgerichtliche Ausschlussfristen als auch die reguläre 3-jährige Verjährungsfrist.
👉 Bei langzeiterkrankten Beschäftigten muss differenziert werden:
Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Beschäftigter verfallen per 31.03. des übernächsten Jahres auch ohne Erfüllung der Initiativlast, wenn Beschäftigte das gesamte Kalenderjahr krank waren.
Anderes gilt für das Jahr, in dem die Langzeiterkrankung erstmals eintritt. Bezogen auf den Urlaub, der bis zum Eintritt der Erkrankung hätte genommen werden können, verfällt und verjährt ohne Erfüllung der Initiativlast nix bzw. wenn überhaupt in 10 Jahren
 
Ist arbeits-/tarifvertraglich nichts anderes vereinbart, gilt all das sowohl bezogen auf den gesetzlichen Mindesturlaub als auch den (tarif-)vertraglichen Mehrurlaub.
 
Wir können insbesondere nicht tarifgebundenen Arbeitgebern daher nur nochmal raten, im Arbeitsvertrag zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und vertraglichem Mehrurlaub zu unterscheiden und sich bezogen auf den vertraglichen Mehrurlaub von den diversen Restriktionen ausdrücklich zu verabschieden.
 
Über die Urlaubsrechtsprechung hatten wir mehrfach berichtet, zuletzt in unserem Newsletter vom 22.05.2023, in dem Sie auch die Aktenzeichen der Entscheidungen finden.
 
Wichtig ist auch die Entscheidung des EuGH vom 14.12.2023, in der auf Anfrage des BAG geurteilt wurde: Urlaub in der Quarantäne ist nicht nachzugewähren. Denn viele Arbeitgeber hatten ihre Initiativlast bezogen auf solche Urlaubstage wegen der schwebenden Verfahren ja bewusst noch nicht erfüllt und müssen das jetzt auch nicht mehr tun. Es bleibt vielmehr dabei, dass diese Urlaubstage den Beschäftigten nicht nachzugewähren sind; nachlesen können Sie dies in unserem Newsletter vom 14.12.2023.
 
Gleichbehandlung

In 2023 hat es etliche Urteile gegeben, die die Gleichbehandlung stärken. Besonders erwähnenswert ist natürlich das „Meilenstein“-Urteil des BAG vom 16.02.2023 zur Stärkung der Lohngerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Über diese Entscheidung haben wir in diesem Jahr mehrfach berichtet, zuletzt im Newsletter vom 24.07.2023.
 
Verhaltensbedingte Kündigungen 

  • Datenschutz ist grundsätzlich kein Täterschutz! Und daran können auch Verwertungsverbote in Betriebsvereinbarungen nichts ändern. So entschied es das BAG zu den Ergebnissen aus einer offenen Videoüberwachung trotz einer entgegenstehenden Betriebsvereinbarung mit Urteil vom 29.06.2023, über das wir in unserem Newsletter vom 18.08.2023 berichtet hatten.
  • Wichtig ist auch das BAG-Urteil vom 24.08.2023, in dem das BAG die Verwertbarkeit von Informationen aus „vertraulichen“ Gesprächen zugunsten von Arbeitgebern erweitert hat. Mehr dazu in unserem Newsletter vom 27.12.2023

Betriebsbedingte Kündigungen

  • In seinem Urteil vom 08.12.2022, das allerdings erst 2023 im Volltext veröffentlicht wurde, urteilte das BAG platt gesprochen: Naht die Rente, kann das bei der Sozialauswahl zu Lasten der Beschäftigten berücksichtigt werden. Mehr dazu finden Sie in unserem Newsletter vom 03.02.2023.
  • Geradezu bahnbrechend ist der sich andeutende Rechtsprechungswandel des BAG zu fehlerhaften Massenentlassungsanzeigen, über die wir in unserem Newsletter vom 21.12.2023 berichtet hatten. 

Geschäftsführer 

  • Am 20.07.2023 entschied das BAG: Werden GmbH-Geschäftsführer auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages tätig, gilt § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (Betriebsübergang). Weitergehende Informationen finden Sie in unserem Newsletter vom 04.12.2023.
  • Da es immer wieder Probleme/Fragen im Hinblick auf die Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern gibt, möchten wir auch die Urteile des Bundessozialgerichts vom 01.02.2022 noch einmal in Erinnerung rufen; unseren Newsletter dazu vom 01.08.2023 finden Sie hier.
  • Schließlich darf bei Geschäftsführern auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 01.06.2023 (unser  Newsletter vom 13.06.2023) nicht fehlen, in der festgestellt wurde: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote von Geschäftsführern, die inhaltlich zu weit gehen, sind unwirksam. Anders als bei Arbeitnehmer:innen können solche zu weit gehenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbote nicht auf das noch zulässige Maß zurückgeführt werden; die sogenannte geltungserhaltende Reduktion gibt es bei GmbH-Geschäftsführern also nicht. 

Soweit unser Rückblick auf leider nur einen kleinen Teil wichtiger Urteile.

Unser Ausblick:

Wie gewohnt, möchten wir Sie zum Jahresende gerne über die für das kommende Jahr verabschiedeten Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenzen informieren. Auch der Mindestlohn wurde zum 01.01.2024 angehoben.
 
Das sind die neuen Werte für 2024:
 
Rentenversicherung:
Beitragsbemessungsgrenze (allgemeine Rentenversicherung)
West: 7.550,00 Euro monatlich bzw. 90.600,00 Euro jährlich
Ost: 7.450,00 Euro monatlich bzw. 89.400 Euro jährlich
Beitragsbemessungsgrenze (knappschaftliche Rentenversicherung)
West: 9.300,00 Euro monatlich bzw. 111.600,00 Euro jährlich
Ost: 9.200,00 Euro monatlich bzw. 110.400,00 Euro jährlich
 
Arbeitslosenversicherung:
Beitragsbemessungsgrenze
West: 7.550,00 Euro monatlich bzw. 90.600,00 Euro jährlich
Ost: 7.450,00 Euro monatlich bzw. 89.400,00 Euro jährlich
 
Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (bundeseinheitlich):
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- und Pflegeversicherung
5.775,00 Euro monatlich bzw. 69.300,00 Euro jährlich
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- und Pflegeversicherung
5.175,00 Euro monatlich oder 62.100,00 Euro jährlich


Der Mindestlohn wird ab dem 01.01.2024 auf 12,41 Euro brutto/Zeitstunde angehoben.
 

Was wir uns, unseren Mandanten und allen anderen Unternehmen für 2024 wünschen:
 
Es soll endlich ein Gesetz zur Arbeitszeiterfassung verabschiedet werden, damit Ruhe und vor allem auch Rechtssicherheit für die Unternehmen eintritt.
 
Sehr wünschenswert wäre auch die Abschaffung der im Nachweisgesetz vorgesehenen Schriftform.
 
Das war unsere letzte Berichterstattung für dieses Jahr.
 
Wir hören uns dann im neuen Jahr wieder.

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