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BAG aktuell: Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag? Besser nicht!

Heute möchten wir Ihnen von dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.07.2023 (Az.: 6 AZR 228/22) berichten. Denn darin hat das Bundesarbeitsgericht neue und wichtige Grundsätze für Geschäftsführer mit einem Arbeitsvertrag aufgestellt (zur besseren Lesbarkeit gendern wir heute ausnahmsweise nicht).

Wenn Arbeitnehmer zu GmbH-Geschäftsführern aufsteigen, bleibt es oft beim bisherigen Arbeitsvertrag.
Das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.07.2023 (Az.: 6 AZR 228/22) zeigt, dass das keine gute Idee ist.

Was war passiert?
Ein Arbeitnehmer avancierte zum GmbH-Geschäftsführer. Einen neuen Geschäftsführer-Dienstvertrag erhielt er nicht. Es gab also nur seinen bisherigen Arbeitsvertrag.
Dann kam es zu einem Betriebsübergang, § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

§ 613a BGB gilt allerdings nur für Arbeitsverhältnisse. Und Geschäftsführer sind nach deutschem Recht ja grundsätzlich keine Arbeitnehmer. Profis werden jetzt möglicherweise sagen, dass es zum Betriebsübergang ja auch eine EU-Richtlinie gibt und Fremdgeschäftsführer einer GmbH nach europäischem Recht grundsätzlich Arbeitnehmer sind. Allerdings gilt für Betriebsübergänge der nationale und nicht der europäische Arbeitnehmerbegriff. Und nach deutschem Recht sind Geschäftsführer grundsätzlich keine Arbeitnehmer.

Nach deutschem Recht war der Kläger also kein Arbeitnehmer. Vielmehr war er Geschäftsführer mit einem Arbeitsvertrag.

Die Preisfrage, die das Bundesarbeitsgericht beantworten musste, war also folgende:
Kommt es beim Betriebsübergang auf die organschaftliche Stellung, also die Position Geschäftsführer, oder den Vertrag an?

Das Bundesarbeitsgericht hat den Schwerpunkt auf das Vertragsverhältnis gelegt. Und da der Kläger einen Arbeitsvertrag hat, ist nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts auch § 613a BGB auf ihn anwendbar!
Damit hat das Bundesarbeitsgericht Klarheit in einer Frage geschaffen, die bis dato viele und auch die Vorinstanz anders beantwortet hatten.

Da der Kläger im Zuge des Betriebsübergangs als Geschäftsführer abberufen wurde, hat sich das Bundesarbeitsgericht außerdem dazu geäußert, wie er, wenn denn aufgrund seines Arbeitsvertrages § 613a BGB auch für ihn gilt, beim Betriebsübernehmer beschäftigt werden soll. Das Bundesarbeitsgericht sagt hierzu „schlank“: Er ist mit den Tätigkeiten zu beschäftigen, die er als Geschäftsführer aufgrund seines Arbeitsvertrages ausgeübt hat. Da der Kläger aufgrund seiner Abberufung aber kein Geschäftsführer mehr war, kann das nur bedeuten, dass er vom Betriebsübernehmer mit untergeordneten Tätigkeiten unter der neuen Geschäftsführung beschäftigt wird. Hier hätten wir uns mehr Klarheit vom Bundesarbeitsgericht gewünscht.

Weitere Fragen:
Nun stellen sich bei Geschäftsführern mit Arbeitsverträgen noch weitere Fragen, auf die das Bundesarbeitsgericht (teilweise allerdings in Einklang mit der ohnehin herrschenden Meinung) folgende Antworten gibt:

  • Auch Geschäftsführer mit einem Arbeitsvertrag haben wegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 des Kündigungsschutzgesetzes keinen Kündigungsschutz. Das gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn die Betroffenen zum Zeitpunkt der Kündigung noch als Geschäftsführer bestellt sind. 

  • Zwar kann (wovon wir nur abraten können, da die Geschäftsführung eine absolute Vertrauensposition ist) auch mit Geschäftsführern die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart werden.

    Allein die Tatsache, dass ein Geschäftsführer seine Geschäftsführung auf Basis seines bisherigen Arbeitsvertrages ausübt, genügt laut Bundesarbeitsgericht hierfür aber nicht.

Praxistipp:
Da Geschäftsführer nach deutschem Recht keine Arbeitnehmer, sondern – O-Ton des Bundesarbeitsgerichts – arbeitgeberähnliche Personen sind, sollten sie ihre Tätigkeit, wie es sich gehört, auf Basis eines Geschäftsführerdienstvertrages und nicht ihres bisherigen Arbeitsvertrages ausüben. Alles andere bringt Schieflagen mit sich, von denen die bittere Konsequenz der vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Anwendbarkeit von § 613a BGB nur eine ist. Freilich werden Geschäftsführer, die bisher Arbeitnehmer waren, ein Interesse daran haben, ihren bisherigen Kündigungsschutz zu kompensieren. Hierfür gibt es aber eine Reihe anderer Möglichkeiten, auf die Sie uns gerne ansprechen können.

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