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Kündigungen, Turboklauseln, die gute alte Schriftform und unser Webinar am 05.09.2023

In Zeiten der Digitalisierung auch des HR-Bereichs möchte man sie gerne verbannen, die gute alte Schriftform.

Es gibt allerdings nach wie vor Fälle, in denen man den Stift für die Unterschrift noch schwingen muss, weil man die gute alte Schriftform braucht.

Dazu zwei aktuelle Urteile und die Einladung zu unserem Webinar am 05.09.2023 mit dem Titel: „Wer schreibt, der bleibt – Formerfordernisse in der Personalarbeit“.

1. Auch das vorzeitige Ausscheiden von Beschäftigten im Rahmen einer in einem Trennungsvergleich vereinbarten „Turboklausel“ ist nur schriftlich möglich!
Personaler kennen das Szenario:
In einer Trennungsvereinbarung oder einem gerichtlichen Trennungsvergleich verständigt man sich mit Beschäftigten auf eine sogenannte „Turboklausel“. Als Turboklausel bezeichnet man im Fachjargon eine Regelung, die nur den Beschäftigten erlaubt, das Arbeitsverhältnis durch einseitige Erklärung vor dem vereinbarten Beendigungstermin aufzulösen. Macht die/der Beschäftigte von der vorzeitigen Ausstiegsmöglichkeit Gebrauch, wird in der Regel gleichzeitig vereinbart, dass sich die Abfindung um xy Prozent des vom Arbeitgeber eingesparten Gehalts erhöht.

Die Erklärung über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist allerdings nur schriftlich möglich. Das heißt, dass die vorzeitige Beendigung erst dann wirksam vollzogen wurde, wenn dem Arbeitgeber eine von den Beschäftigten unterschriebene Erklärung im Original und mit eigenhändig geleisteter Unterschrift zugegangen ist.

Nach Auffassung der Gerichte gilt die in § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angeordnete Schriftform nämlich auch für Erklärungen über das vorzeitige Ausscheiden von Beschäftigten.

Diese Schriftform kann selbst durch eine Erklärung mit qualifizierter elektronischer Signatur nicht ersetzt werden. Das folgt aus § 126 Absatz 3 i. V. m. § 623 BGB.
Nach § 126 Absatz 3 BGB kann die Schriftform nur dann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Und in § 623 BGB ist die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen („Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“). Der Ausschluss der elektronischen Form betrifft wie gesagt auch die qualifizierte elektronische Signatur.

Das kann im Übrigen gerade Anwält:innen von Beschäftigten zum Verhängnis werden, wie die jüngst veröffentlichte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 09.05.2023 (Az.: 2 Sa 146/22) zeigt.
In dem Fall war Folgendes passiert:
Ein Kündigungsschutzverfahren, in dem beide Seiten anwaltlich vertreten waren, endete mit einem Vergleich, der eine Turbo-Klausel vorsah. Der Anwalt des Arbeitnehmers gab dann gegenüber dem Anwalt des Arbeitgebers über das elektronische Anwaltspostfach die mit einer qualifizierten Signatur versehene Erklärung ab, dass das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet werde, sodass sich die Abfindung um etliche Tausend Euro erhöhe.

Wegen § 623 BGB reichte die Erklärung mit qualifizierter elektronischer Signatur nicht. Die Folge war: Der Arbeitnehmer bekam keine höhere Abfindung, weil er nicht wirksam vorzeitig ausgeschieden war.

Wörtlich führt das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.12.2015 (Az.: 6 AZR 709/14) hierzu aus:

„Nach § 126 Abs. 1 BGB muss, wenn durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Dabei kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt (§ 126 Absatz 3 BGB). Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen (§ 126a BGB). Eine solche Ersetzung ist jedoch nur möglich, wenn die elektronische Form nicht durch Gesetz ausgeschlossen ist. Dies geschieht für Kündigungen gemäß § 623 2. Halbsatz BGB, indem dort ausdrücklich der Ausschluss der elektronischen Form normiert ist.“

Die Sache ist für den Arbeitnehmer und auch dessen Anwalt also richtig dumm gelaufen.

2. Keine Kündigung per WhatsApp
Aus dem vorher Gesagten folgt zwangsläufig, dass Kündigungen per WhatsApp der von §§ 623, 126 BGB geforderten Schriftform erst recht nicht genügen.
Trotzdem kommen Kündigungen per WhatsApp immer wieder vor und beschäftigen die Gerichte.
So musste sich auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 22.12.2022 (Az.: 5 Sa 408/21) mit einer WhatsApp-Kündigung auseinandersetzen und die Kündigung für unwirksam erklären.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:
„Die per WhatsApp übermittelte Kündigungserklärung genügt nicht dem Schriftformerfordernis der §§ 623, 126 Absatz 1 BGB. Die WhatsApp-Nachricht des Klägers gibt lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift wieder. Ist die Schriftform für eine Erklärung unter Abwesenden vorgesehen, wird die Erklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Absatz 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugeht. Der Zugang einer Ablichtung genügt nicht (vgl. BAG 17.12.2015 – 6 AZR 709/14 – Rn. 47 zur Übermittlung einer Kündigung per Telefax; BAG 10.05.2016 – 9 AZR 149/15 – Rn. 34 zur Übermittlung einer Erklärung per PDF-Datei; LAG München 28.10.2021 – 3 Sa 362/21 – Rn. 23 zur Übermittlung einer Kündigung per WhatsApp).“

3. Gilt die Schriftform auch für Kündigungen durch einen GmbH-Geschäftsführer?
§ 623 BGB verlangt Schriftform nur für die Kündigung oder Auflösungsverträge von Arbeitsverhältnissen.
Verträge mit GmbH-Geschäftsführern sind aber Dienstverträge und keine Arbeitsverträge.
Zwingend ist die Schriftform für die Kündigung von GmbH-Geschäftsführern daher nicht.
Allerdings wird in den meisten Geschäftsführerverträgen für die Kündigung Schriftform vereinbart.

Die Frage ist nur, ob solche Vereinbarungen in Bezug auf Kündigungen durch den Geschäftsführer wirksam sind.
Aufgrund der Regelungen in § 309 Nr. 13.b) BGB kann man an der Wirksamkeit einer vereinbarten Schriftform auch für Kündigungen durch den Geschäftsführer berechtigte Zweifel haben. Denn § 390 Nr. 13.b) BGB gilt auch für Geschäftsführer, und der besagt: Für Erklärungen gegenüber demjenigen, der den Vertrag erstellt hat, darf keine strengere Form als die Textform vereinbart werden.

Die richtige Form zu finden, ist also nicht leicht.
Deshalb möchten wir alle Leser:innen noch einmal herzlich zu unserem Online-Kurzworkshop am 05.09.2023 (10.00 Uhr bis 11.30 Uhr, Teilnahmegebühr 150,00 EUR zzgl. USt.) mit dem Titel „Wer schreibt, der bleibt – Formerfordernisse in der Personalarbeit“ einladen, zu dem Sie sich über unsere Homepage anmelden können. Gerne nehmen wir Ihre Anmeldungen auch unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder telefonisch (0221/944036-0) entgegen.

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