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Aufgepasst bei werdenden Müttern mit Provisionsansprüchen

Darf eine Frau wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung nicht beschäftigt werden, hat sie Anspruch auf Mutterschutzlohn, §18 MuSchG. Weiter ist dort geregelt, dass als Mutterschutzlohn das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei Kalendermonate vor dem Beginn der Schwangerschaft gezahlt wird.

Dass dies in Einzelfällen, so z. B. bei stark schwankendem Gehalt, zu Korrekturen der Durchschnittsberechnung führen kann, hatten wir bereits mit unserem Newsletter vom 23.12.2021 erläutert.
 
Auch in anderen Fällen stellen sich bei der Berechnung des Durchschnittsgehalts berechtigte Fragen. Oft gibt es Unsicherheiten, wenn die Arbeitnehmerin Anspruch auf Provisionen hat: Was ist mit den Geschäften, die erfolgreich vermittelt wurden, für die die Provisionen aber erst während des Beschäftigungsverbots fällig werden?
 
Das LAG Niedersachsen hatte aktuell über folgenden Sachverhalt zu entscheiden (Urteil vom 20.02.2023 – 1 Sa 702/22):
 
Eine Vertriebsmitarbeiterin hatte neben ihrem Fixgehalt Anspruch auf Provisionen. Als sie ein ärztliches Beschäftigungsverbot erhielt, errechnete die Arbeitgeberin den Mutterschutzlohn anhand des in den letzten drei Monaten vor Beginn des Beschäftigungsverbots bezogenen Gehalts, einschließlich der in diesem Zeitraum ausgezahlten Provisionen.
 
Die Arbeitnehmerin wollte aber mehr: Sie war der Auffassung, dass ihr zusätzlich zu der von der Arbeitgeberin ermittelten Durchschnittsvergütung auch die Provisionen zustünden, die auf Geschäften beruhten, die sie vor dem Beschäftigungsverbot vermittelt hatte. Fällig waren die darauf entfallenden Provisionen aber erst während des Beschäftigungsverbots. Sie waren allerdings geringer als die ermittelten Durchschnittsprovisionen.
 
Der Forderung der Arbeitnehmerin erteilte das LAG Niedersachsen im konkreten Fall eine Absage und stellte etwas Bemerkenswertes fest: Die Arbeitnehmerin hat in solchen Konstellationen Anspruch auf den in ihrem Fall höheren Vergütungsanspruch – entweder also auf die Zahlung der Durchschnittsprovision der letzten drei Monate oder auf die erst während des Beschäftigungsverbots fällig werdenden Provisionen, je nachdem, was für sie besser ist!
Das ist insofern bemerkenswert, als der Arbeitgeber dadurch gezwungen ist, auch während des Beschäftigungsverbots entstehende Provisionsansprüche zu prüfen und ggf. Nachzahlungen (auch für einzelne Monate) zu leisten.
 
Die Entscheidung ist rechtskräftig, weil keine Partei die zugelassene Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt hat. Schade, denn es wäre interessant zu wissen, wie sich das BAG zu dieser Frage positioniert. Bis dahin sollten Sie auf Nummer sicher gehen und die während eines Beschäftigungsverbots fälligen Provisionen im Blick behalten. Werden während des Beschäftigungsverbots noch Provisionen fällig, die über den ermittelten Durchschnitt hinausgehen, sollte die Differenz ausgekehrt werden.
 
Übrigens: Mit Blick auf das Elterngeld tun Arbeitgeber gut daran, etwaige Differenzzahlungen nicht „auf den letzten Drücker“ auszuzahlen, sondern soweit geboten und möglich spätestens mit der Gehaltsabrechnung des letzten vollen Monats vor Beginn des Mutterschutzes. Andernfalls fließen diese Bezüge nämlich nicht in die Bemessungsgrundlage der Elterngeldberechnung ein.

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