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Gesellschafterwechsel ist kein Betriebsübergang

Wenn ein Unternehmen verkauft werden soll, wird meistens panisch nach § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches gefragt.
In § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches geht es bekanntlich um Betriebs(teil)übergänge.
Die Panik vieler Unternehmen resultiert daraus, dass die arbeitsrechtliche Umsetzung von Betriebsübergängen mit vielen Fallstricken behaftet ist. Das fängt schon mit den extrem hohen Anforderungen an die Information der Beschäftigten über den Betriebsübergang an, § 613 a Absatz 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
 
Die gute Nachricht aber ist: Nicht jeder Verkauf von Gesellschaften löst einen Betriebsübergang aus.
 
Zu einem Betriebsübergang kommt es vielmehr nur dann, wenn der Rechtsträger wechselt.
 
Gerne möchten wir Ihnen das am Beispiel der GmbH, der in Deutschland wohl häufigsten Gesellschaftsform, zeigen: 

  • Werden die Gesellschaftsanteile an einer GmbH verkauft (sogenannter „Share-Deal“) findet kein Betriebsübergang statt. Denn der Rechtsträger, die GmbH, ist ja nach wie vor derselbe.
  • Werden dagegen wesentliche Betriebsmittel der GmbH (z. B. Maschinen) an eine andere GmbH verkauft (sogenannter „Asset-Deal“) haben wir es im Zweifel mit einem Betriebs(teil)übergang zu tun.

Für Arbeitsrechtler ist das eine Binsenweisheit. Für viele Unternehmen und Beschäftigte nicht. Deshalb sind diese Fragen immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.
Aktuell hat sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 22.02.2023 (Az.: 6 Sa 131/22) mit der Wirksamkeit einer Kündigung nach einem Gesellschafterwechsel befasst und bestätigt:
 
„Maßgeblich für einen Betriebsübergang ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers. Bleibt das Rechtssubjekt des Betriebsinhabers identisch, fehlt es an einem Betriebsübergang. Damit berührt auch ein Wechsel der Gesellschafter die Identität der Gesellschaft als Rechtssubjekt nicht, so dass allein der Gesellschafterwechsel zu keinem Betriebsübergang führt (BAG, Urteil vom 14.08.2007, Az.: 8 AZR 803/06). Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen und die Ausübung von Herrschaftsmacht über dieses Unternehmen durch ein anderes Unternehmen genügen nicht für die Annahme eines Übergangs von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen (BAG, Urteil vom 27.04.2017, Az.: 8 AZR 859/15). Ein „Übergang“ i. S. d. EGRL 23/2001 erfordert eine Übernahme durch einen „neuen“ Arbeitgeber. Dies gilt auch für das Verständnis der Bestimmungen des nationalen Rechts (BAG, Urteil vom 27.04.2017, Az.: 8 AZR 859/25).
 
Das, was für eine GmbH gilt, gilt auch für andere Gesellschaftsformen, egal, ob es sich um Kapitalgesellschaften (GmbH oder AG) oder Personengesellschaften (insbesondere KG oder OHG) handelt.
 
Anders ist es nur bei einer von einer natürlichen Person geführten Einzelfirma. Wenn Firmeninhaber Paul Müller seinen Handwerksbetrieb verkauft, liegt also ein Betriebsübergang vor. Denn Rechtsträger in diesem Fall ist Paul Müller, und wenn Paul Müller an Britta Schulze verkauft, wechselt auch der Rechtsträger.
 
Zur besseren Übersicht das Ganze nun nochmal in Tabellenform:

Rechtsform: Führt der Gesellschafterwechsel zum Betriebsübergang?
GmbH Nein.
AG Nein.
KG Nein.
OHG Nein.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Nach herrschender Meinung: Nein.
Ab dem 01.01.2024 immer: Nein; denn am 01.01.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts in Kraft, das der GbR kraft Gesetzes Rechtsfähigkeit verleiht.
Einzelunternehmen (insbesondere e. K.) Ja.

 

Bei Umwandlungen von Gesellschaften nach dem Umwandlungsgesetz steckt der Teufel im Detail. Hier sollte, wie auch in allen anderen Fällen, die nach Betriebsübergang riechen, anwaltlicher Rat eingeholt werden.

 

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