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Aktuelles vom BAG zu Sonderzahlungen – Teil 2
BAG schränkt die Kürzungsmöglichkeit von Sonderzahlungen ein

Sonderzahlungen wie z. B. ein jährlicher Bonus, ein Weihnachts- oder Urlaubsgeld o. ä. sind beliebt, in rechtlicher Hinsicht aber mit vielen Haken und Ösen behaftet.
 
In Teil 1 hatten wir Ihnen bereits von den Tücken des Freiwilligkeitsvorbehalts berichtet, heute geht es um eine ganz aktuelle Entscheidung des BAG zu den Auszahlungsbedingungen.
 
Hier spielen vor allem folgende Fragen eine Rolle:

  • Können die Auszahlungsbedingungen eine Stichtagsregelung vorsehen, die sinngemäß lautet, dass die Sonderzahlung nur geleistet wird, wenn das Arbeitsverhältnis am Stichtag xy noch besteht?

  • Können Sonderzahlungen für Krankheitszeiten und/oder für Zeiten ohne Gehaltsanspruch (insbesondere also ab einer länger als 6 Wochen andauernden Erkrankung) gekürzt werden? 

Die Antwort auf die erste Frage hängt bekanntermaßen davon ab, welches Ziel die Sonderzahlung verfolgt:
Stichtagsklausel sind nur zulässig, wenn die Sonderzahlung (gar) keinen Leistungsbezug hat.
Hat die Sonderzahlung hingegen, wie das oft der Fall ist, zumindest auch einen Leistungs- oder Erfolgsbezug (s. g. Sonderzahlungen mit Mischcharakter), ist eine Stichtagsregelung unzulässig.

 
Aber welche Kürzungsmöglichkeiten gibt es für Zeiten ohne Gehaltsanspruch und/oder Krankheitszeiten?
 
In dem gerade veröffentlichen Urteil des BAG vom 25.01.2023 (Az.: 10 AZR 116/22) hat sich das Bundesarbeitsgericht bei der Kürzung von Sonderzahlungen für eine differenzierte Betrachtungsweise ausgesprochen: 

  • Wenn es sich ersichtlich um eine Sonderzahlung handelt, mit der ausschließlich die Arbeitsleistung vergütet wird, folgt daraus automatisch (und ohne dass dies vereinbart werden müsste) eine anteilige Kürzung der Sonderzahlung für Zeiten ohne Entgeltbezug.

    Die Frage, ob eine Sonderzahlung ausschließlich leistungsbezogen ist, ist aber gar nicht so leicht zu beantworten.
    Wird ein Bonus nur für die Erreichung individueller (Arbeits-)Ziele gezahlt, ist die Sache klar: Das ist ein ausschließlicher Leistungsbezug.
    Wird ein Bonus ausschließlich oder zumindest auch für ein erfolgreiches Geschäftsjahr des Unternehmens gezahlt, wird es schon schwieriger. Obwohl der Unternehmenserfolg nicht an der Leistung eines einzelnen Arbeitnehmers hängt, meinen wir, dass sich beim Erfolgsbonus ein ausschließlicher Leistungsbezug herstellen lässt.
    In erster Linie wird es daher darauf ankommen, dass Arbeitgeber ausdrücklich darstellen, dass sie mit ihrer Sonderzahlung ausschließlich die Arbeitsleistung der Beschäftigten honorieren möchten. Freilich sollte auch der Name, den man der Sonderzahlung gibt, dazu passen. Ein Betriebstreuebonus wäre insoweit die schlechteste Wahl, denn die Wortwahl legt nahe, dass die Betriebstreue, nicht aber die Arbeitsleistung honoriert werden soll.

    Im entschiedenen Fall ging es im Übrigen um ein „Weihnachtsgeld“, dessen Zweck oder Auszahlungsbedingungen nicht näher definiert war. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist ein nicht weiter definiertes Weihnachtsgeld jedenfalls keine ausschließlich leistungsbezogene Sonderzahlung, weshalb der Arbeitgeber mit seiner Auffassung, die Zahlung sei um Zeiten ohne Entgeltbezug zu kürzen, nicht zum Erfolg kam.

  • Verfolgt die Sonderzahlung gleichzeitig einen leistungsbezogenen und einen nicht-leistungsbezogenen Zweck („Mischcharakter“) oder geht es sogar ausschließlich um eine nicht-leistungsbezogene Sonderzahlung, erfolgt nach Auffassung des BAG keine automatische Kürzung.

    Wollen Arbeitgeber Sonderzahlungen, die keinen ausschließlichen Leistungsbezug haben, kürzen, müssen sie das also ausdrücklich vereinbaren. Das gilt für Sonderzahlungen mit Mischcharakter ebenso wie für nicht-leistungsbezogene Sonderzahlungen.

    Für eine Kürzung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
    Die Kürzungsmöglichkeit des § 4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) für jeden Krankheitstag und die Kürzung für Zeiten ohne Entgeltbezug.

    Die Kürzungsmöglichkeit des § 4a EFZG für Krankheitstage ist aus Arbeitgebersicht „lohnenswert“ und sowohl für Sonderzahlungen mit Mischcharakter als auch für nicht-leistungsbezogene Sonderzahlungen möglich. Für ausschließlich leistungsabhängige Sonderzahlungen kommt § 4a EFZG nicht in Betracht, dafür werden diese Sonderzahlungen ja automatisch um Zeiten ohne Entgeltbezug gekürzt.
    Da die Berechnung nach § 4a EFZG aber kompliziert und in (entscheidenden) Details umstritten ist, haben in der Vergangenheit vergleichsweise wenige Arbeitgeber hiervon Gebrauch gemacht. Vielleicht wird sich das aufgrund der aktuellen Entscheidung des BAG nun ändern.

    Die Frage, mit der sich das Bundesarbeitsgericht leider nicht befasst hat, ist, ob die Parteien statt oder zusätzlich zu der Kürzung nach § 4a EFZG auch eine Kürzung für (Krankheits-) Zeiten ohne Entgeltbezug hätten vereinbaren können.
    Unserer Auffassung nach sollte das (zumindest für Sonderzahlungen von maximal drei Bruttomonatsgehältern) möglich sein, da die Kürzung für Zeiten ohne Entgeltbezug für erkrankte Beschäftigte günstiger ist als die Kürzung nach § 4a EFZG.
    Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte nach der Entscheidung des BAG aber bei Sonderzahlungen mit Mischcharakter auf die Kürzungsmöglichkeit nach § 4a EFZG setzen.

  • Nicht kürzen sollte man jedoch Sonderzahlungen ohne jeglichen Leistungsbezug, zumindest dann, wenn man eine Stichtagsklausel vereinbaren möchte.
    Das BAG hat nämlich in einer früheren Entscheidung klargestellt, dass aus einer vereinbarten Kürzung für Zeiten ohne Entgeltbezug ein Leistungsbezug folgt, so dass eine Stichtagsregelung unwirksam wäre. Unserer Auffassung nach muss das auch für die Kürzungsmöglichkeit nach § 4a EFZG gelten, da auch diese Kürzungsmöglichkeit einen Zusammenhang zwischen der Arbeitsleistung und der Sonderzahlung herstellt, die eine Stichtagsregelung ausschließt. 


Es ist also mal wieder alles gar nicht so leicht.

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