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Keine Rückwirkung des neuen Nachweisgesetzes!

Die Anforderungen des neuen Nachweisgesetzes lassen viele Arbeitgeber schier verzweifeln.
Und einige Beschäftigte versuchen daraus Kapital zu schlagen.
In dem heute besprochenen und gerade veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10.03.2022 (Az.: 18 Sa 1449/21) trieb eine Arbeitnehmerin es sogar so weit, dass sie sich im Hinblick auf eine schon vor dem Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes ausgesprochenen Kündigung auf deren Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen die EU-Arbeitsbedingungen-Richtlinie berief. Diese EU-Richtlinie ist bekanntlich die Grundlage des neuen Nachweisgesetzes und existiert schon seit Juni 2019.

Begründung der Arbeitnehmerin: Der Arbeitgeber hätte sie nach der EU-Arbeitsbedingungen-Richtlinie auf die 3-wöchige Klagefrist hinweisen müssen. Da dieser Hinweis nicht erfolgt sei, sei die Kündigung unwirksam.
 
Mit dieser Argumentation hatte die Arbeitnehmerin weder in 1. Instanz (Arbeitsgericht Hagen) noch in 2. Instanz (Landesarbeitsgericht Hamm) Erfolg. Die Hammer Landesarbeitsrichter begründen das folgendermaßen:

  • Eine unmittelbare Wirkung von EU-Richtlinien zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern der Privatwirtschaft gibt es nicht.
  • Vor Ablauf der Umsetzungsfrist in nationales Recht sind grundsätzlich auch die Gerichte nicht verpflichtet, nationales (hier also deutsches) Recht richtlinienkonform auszulegen. Und bei Ausspruch der Kündigung war die den Mitgliedsstaaten bis zum 01.08.2022 gegebene Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen.
  • Das Landesarbeitsgericht Hamm sieht auch keine Veranlassung, das nationale bzw. hier deutsche Recht vor Ablauf der Umsetzungsfrist EU-freundlich auszulegen.
    Und was jetzt kommt, ist auch für Kündigungen wichtig, die ab dem 01.08.2022, also ab Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes, ausgesprochen werden: Das Landesarbeitsgericht Hamm sagt nämlich, dass auch die EU-Arbeitsbedingungen-Richtlinie keine Unwirksamkeit der Kündigung bei unterlassenem Hinweis auf die Klagefrist vorschreibt.
    Das heißt für Kündigungen, die nach dem Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes am 01.08.2022 ausgesprochen wurden: Der unterlassene Hinweis auf die Klagefrist führt nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung. Erstens nicht, weil § 2 Absatz 1 Nr. 14 des neuen Nachweisgesetzes das so nicht vorsieht. Und zweitens nicht, weil man § 2 Absatz 1 Nr. 14 des neuen Nachweisgesetzes unter Berücksichtigung der dem zugrundeliegenden EU-Richtlinie auch nicht so auslegen muss (Landesarbeitsgericht Hamm).
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