Skip to main content

Corona-Update: Kurzarbeitregelungen verlängert / § 616 versus § 56 IfSG / arbeitsrechtliche Sanktionen für Corona-Gegner:innen

In den letzten Wochen haben sich wieder einige Neuigkeiten aus dem Arbeitsrecht rund um Corona angesammelt, die wir für Sie zusammentragen möchten:

Verlängerung der Kurzarbeitregelungen
Da die Pandemie leider immer noch nicht vorbei ist, werden viele Unternehmen auch in den kommenden Monaten auf Kurzarbeit angewiesen sein. Daher wurden die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten sowie die erleichterten Zugangsvoraussetzungen und Sonderregelungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld ein weiteres Mal verlängert, und zwar bis zum 31. März 2022.

Auch die von Arbeitgebern zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge werden weiterhin für die Zeit der Kurzarbeit zu 50 % pauschal erstattet. Die weiteren 50 % werden erstattet, wenn die Beschäftigten während der Kurzarbeit an einer geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen.

§ 616 BGB geht § 56 IfSG vor
Über das strittige Verhältnis der Lohnfortzahlungspflicht nach § 616 BGB und dem Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Quarantänefällen haben wir schon oft berichtet. Zuletzt haben wir in unserem Newsletter vom 06.07.2021 die gegensätzlichen Positionen in der erstinstanzlichen Rechtsprechung dargestellt. So gibt es erstinstanzliche Gerichte, für die § 616 BGB dem § 56 IfSG vorgeht; für andere ist es genau umgekehrt.

Nun gibt es mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 02.07.2021 (Az.: 13 LA 258/21) erstmals ein zweitinstanzliches Urteil. Und das lautet:

Solange ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 616 BGB besteht, scheidet ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG aus.

Der Vorrang von § 616 BGB scheint sich also in der Rechtsprechung zu verfestigen. Weiterhin ungeklärt bleibt jedoch die mindestens genauso wichtige Frage, ob bzw. bis zu welcher Dauer eine Quarantäne noch eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne von § 616 BGB ist. Hier scheiden sich wie Sie wissen die Geister; in der Rechtsprechung wird ein Zeitraum von 5 Tagen bis 6 Wochen vertreten!

Diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seiner Entscheidung leider nicht beantworten müssen, da es im konkreten Fall nur um eine Quarantäne von 4 Tagen ging und diese Zeitspanne in jedem Falle von § 616 BGB erfasst wird.

Für Arbeitgeber bedeutet das: Ist § 616 BGB nicht arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen, müssen Arbeitgeber davon ausgehen, dass jedenfalls bei einer Quarantäne von einigen wenigen Tagen eine Lohnfortzahlungspflicht aus § 616 BGB besteht. Nur bei längeren Quarantänezeiträumen von 10 bis 14 Tagen bleibt noch die Hoffnung, dass § 616 BGB von § 56 IfSG „abgelöst“ wird und Arbeitgeber das gezahlte Geld vom Land erstattet bekommen.

Arbeitsrechtliche Sanktionen für Corona-Gegner:innen
Wenn Beschäftigte sich als Corona-Leugner:innen offenbaren oder sich aus sonstigen Gründen weigern, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, stellt sich die Frage, welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen Arbeitgeber ergreifen können. Diese Frage ist nun auch bei den Arbeitsgerichten angekommen. Dazu möchten wir Ihnen beispielshaft zwei Urteile vorstellen:

Das erste Urteil ist eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 09.11.2021 (Az.: 9 Ca 163/21), in der es um die Rechtmäßigkeit einer Kündigung eines Berufsschullehrers ging, der offen Corona leugnete, Vergleiche zur Nazi-Diktatur zog und die Hygienemaßnahmen missachtete.
Das Gericht hielt die Kündigung ohne vorherige Abmahnung für rechtmäßig. Begründung: Der Arbeitnehmer zeige keine Einsicht und zweifele die auf wissenschaftlichen Fakten beruhenden und rechtlich zwingenden Infektionsschutzmaßnahmen beharrlich an.

Das Urteil zeigt, dass bei radikalen Corona-Leugnern auch eine Kündigung ohne Abmahnung zulässig sein kann.

Das zweite Urteil betrifft keine Kündigung, sondern befasst sich mit der Fortzahlung der Vergütung bei verweigerten Corona-Tests. Der Entscheidung des LAG München vom 26.10.2021 (Az.: 9 Sa 332/21) lag ein Fall zugrunde, in dem eine Orchestermusikerin sich weigerte, die im Hygienekonzept vorgesehenen regelmäßigen Tests durchzuführen.
Das Gericht entschied: Die Musikerin muss weder beschäftigt werden noch hat sie einen Anspruch auf Vergütung.
Der Arbeitgeber konnte die Testpflicht hier aus einem Tarifvertrag herleiten; das Gleiche gilt aber auch, wenn die Testpflicht rechtlich vorgeschrieben ist, wie etwa durch die neue 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Digitale Aufsicht von Selbsttests genügt für 3G nicht
Wie Sie wissen, kann die 3G-Regel am Arbeitsplatz unter anderem durch einen Selbsttest, der unter Aufsicht durchgeführt wird, erfüllt werden. Die Landesregierung NRW hat in einer Verlautbarung nun darauf hingewiesen, dass diese Aufsicht vor Ort geschehen muss. Es genügt also nicht, wenn der Selbsttest per Video beaufsichtigt wird. Dies gilt zum einen für externe Dienstleister, die daraufhin einen Testnachweis ausstellen als auch für aufsichtsführende Beschäftigte des Unternehmens. Die Verlautbarung finden Sie hier.

  • Erstellt am .