Skip to main content

Kritik des BAG an Bundesregierung – Mindestlohn auch bei Bereitschaftsdienst

Heute soll es noch einmal um das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24.06.2021 (Az.: 5 AZR 505/20) gehen, dessen Pressemitteilung bereits durch alle Medien ging. In diesem Urteil entschied das BAG, dass ausländische Betreuungskräfte, die in deutschen Privathaushalten arbeiten, einen Anspruch auf den (deutschen) Mindestlohn haben - und das nicht nur in Zeiten der Vollarbeit, sondern bspw. auch für Bereitschaftsdienst.

Vor wenigen Tagen wurde das Urteil im Volltext veröffentlicht. Und die kompletten Entscheidungsgründe zeigen, dass die vom BAG getroffenen Aussagen nicht nur für den Einsatz ausländischer Pflegekräfte in Privathaushalten, sondern für alle Unternehmen relevant sind.

Wann muss der Mindestlohn gezahlt werden?
Laut BAG muss der Mindestlohn nicht nur für Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gezahlt werden.
Vielmehr wird der Mindestlohn für die vergütungspflichtige Arbeitszeit geschuldet.
Das bedeutet, dass der Mindestlohn bspw. auch für die Arbeitsbereitschaft, den Bereitschaftsdienst und Dienstreisezeiten gezahlt werden muss!

Dass das nicht immer sachgerecht ist, hat auch das BAG gesehen. Es sieht die Verantwortung hierfür allerdings beim Gesetzgeber. Und der habe insoweit versagt. Wörtlich sagt das BAG: „Die im Schrifttum angeführten rechtspolitischen Probleme beschreiben allein das politische Unvermögen, in diesem Bereich, in dem seit langem Reformbedarf angemahnt wird, eine gesetzliche Regelung zu treffen und hierfür die politische Verantwortung zu übernehmen.“
Dem haben wir nichts hinzuzufügen, außer, dass der Gesetzgeber bzw. die neue Bundesregierung nun tätig werden muss.

Können Arbeitgeber Sachleistungen auf den Mindestlohn anrechnen oder muss dieser immer in Geld ausgezahlt werden?
Auch diese bisher noch nicht abschließend geklärte Frage, hat das BAG zugunsten der Arbeitnehmer:innen entschieden und gesagt: Das Mindestlohngesetz fordert eine Leistung in Geld. 

Müssen auch ausländische Unternehmen den Mindestlohn zahlen, wenn sie Arbeitnehmer:innen in Deutschland beschäftigen?
Diese Frage wurde ebenfalls zugunsten der (ausländischen) Arbeitnehmer:innen beantwortet.
In Deutschland tätige Arbeitskräfte ausländischer Unternehmen haben also Anspruch auf den deutschen Mindestlohn. Dies gilt unabhängig davon, ob auf deren Arbeitsvertrag ausländisches oder deutsches Recht anwendbar ist (vgl. auch § 20 des Mindestlohngesetzes).

Ausblick
Die künftigen Koalitionspartner haben sich in ihrem Sondierungspapier schon zu einem neuen Mindestlohn von EUR 12,00/Stunde bekannt.
Es ist nach diesem Urteil zwar davon auszugehen, dass die neue Bundesregierung Regelungen schaffen wird, die zur Folge haben, dass Arbeitszeiten, die keine Vollarbeit sind, nicht mit dem vollen Mindestlohn zu vergüten sind.
Trotzdem sind Unternehmen gut beraten, sich rechtzeitig auf dieses Urteil einzustellen und ihre Vergütungssysteme zu überprüfen. Dies gilt auch und insbesondere für Unternehmen, die ihre Beschäftigten bislang zum Teil mit Sachleistungen entlohnt haben.
Schauen Sie sich dazu auch gerne unseren Newsletter vom 23.09.2021 an.

  • Erstellt am .