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Lohnsteuerklasse und Bezugszeitraum für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld

Die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld wirft bei vielen Arbeitgebern Fragen auf. Zwei dieser Fragen hat das Bundesarbeitsgericht in seinem aktuellen Urteil vom 19.05.2021 (Az.: 5 AZR 378/20) geklärt. Sie lauten:
Welche Lohnsteuerklasse und welcher Bezugszeitraum ist bei der Berechnung eigentlich anzuwenden?
 
Sehr häufig – und so auch im hier entschiedenen Fall –  kommt es im Zusammenhang mit Familienzuwachs bei den Anspruchsberechtigten zum Lohnsteuerklassenwechsel. Wie damit umzugehen ist, hat das Bundesarbeitsgericht nun klargestellt.
 
Der Fall ging so:
 
Die Klägerin bekam 2014 ihr erstes Kind; sie war damals in Lohnsteuerklasse III. Im Anschluss nahm sie Elternzeit und wechselte in Lohnsteuerklasse V. Sie bekam zwei weitere Kinder, ohne zwischenzeitlich ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Sie beendete vor den Geburten des zweiten und dritten Kindes jeweils vorzeitig die Elternzeit und nahm die Mutterschaftsfristen – und damit Mutterschaftsgeld und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Anspruch.
 
Falls Sie sich nun wundern: Diese Vorgehensweise ist im Gesetz ausdrücklich so vorgesehen (§ 16 Abs. 3 S. 3 BEEG). Sie wird von den Betroffenen, die diesen „Trick“ kennen, natürlich gerne in Anspruch genommen, weil sie so für die Dauer von mindestens 14 Wochen wieder Geld vom Arbeitgeber und der Krankenkasse erhalten. Der Arbeitgeber wiederum bekommt den von ihm zu leistenden Zuschuss über das Umlageverfahren U2 erstattet.

In dem jetzt entschiedenen Fall war der Arbeitgeber in der Schutzfrist für das dritte Kind der Klägerin der Auffassung, er müsse den Zuschuss auf Basis der mittlerweile aktuellen Lohnsteuerklasse V der Klägerin berechnen. Allein der Unterschied zwischen Lohnsteuerklasse III und V machte hier einen Netto-Betrag von € 1.903,77 aus, weshalb die Klägerin vor Gericht zog – und schließlich Recht bekam.
 
Anknüpfungspunkt ist die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 2 MuSchG, wonach sich die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung richtet. Das BAG stellt nun klar, dass diese drei Monate der Schutzfrist nicht unmittelbar vorausgegangen sein müssen. Daher sei bei einer weiteren Geburt im unmittelbaren Anschluss an die Inanspruchnahme von Elternzeit das Arbeitsentgelt der drei Kalendermonate vor der Elternzeit maßgeblich. Und das waren hier die Monate vor der Geburt des ersten Kindes. Dass auch die damalige Lohnsteuerklasse gilt und ein zwischenzeitlicher Wechsel unbeachtlich bleibt, begründet das BAG damit, dass hier die Lohnbezugsmethode und nicht das Lohnausfallprinzip zum Tragen komme. Allein entscheidend sei die Nettovergütung, die in den letzten drei abgerechneten Monaten vor dem Beginn der (ersten) Schutzfrist bezogen wurde. Es komme gerade nicht darauf an, was die Klägerin in dem Zeitraum verdient hätte, für den sie die Lohnersatzleistung in Anspruch nimmt. Das BAG stützt seine Auffassung auf den Sinn und Zweck der Vorschrift und sieht keine Notwendigkeit, die Norm im Hinblick auf das Unionsrecht anders auszulegen.
 
Fazit: Kehren „Mehrfachmütter“ zwischen den Geburten der Kinder nicht aus der/den Elternzeit/en zurück und unterbrechen sie eine Elternzeit zur Inanspruchnahme des Mutterschutzes, gilt für den Arbeitgeber: Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld richtet sich auch hier nach den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor der ersten Geburt, und zwar grundsätzlich unter Berücksichtigung der damals geltenden Lohnsteuerklasse (Ausnahme: Ein damals vorgenommener Wechsel der Steuerklasse war/ist rechtsmissbräuchlich).
 
Damit ist die Berechnung einfach. Und für Arbeitgeber im Ergebnis ohne Auswirkung, da sie die Zahlung über das Umlageverfahren bekommen.
 
Und falls erst dadurch eine Mutter wieder „auf dem Radar auftaucht“, sollte man die Gelegenheit nutzen, sich über die Zukunft konstruktiv Gedanken zu machen. Denn irgendwann endet auch die letzte Elternzeit …

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