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Corona-Update: Einigung zum Wegfall des Entschädigungsanspruchs für Ungeimpfte in Quarantäne / Dürfen Arbeitgeber nach dem Impfstatus fragen?

In unserem Newsletter vom 15.09.2021 hatten wir bereits darüber berichtet, dass einzelne Bundesländer den Entschädigungsanspruch nach § 56 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für ungeimpfte Beschäftigte, die in Quarantäne müssen, streichen wollen bzw. dies bereits getan haben. Welche rechtlichen Fragstellungen sich hierbei stellen, können Sie dort ebenfalls nachlesen.

Nun wurde aus dem Vorhaben einiger Bundesländer eine bundeseinheitliche Regelung. Das heißt: Ab dem 01.11.2021 entfällt der Entschädigungsanspruch für Ungeimpfte in allen Bundesländern. Darauf haben sich die Gesundheitsminister:innen der Länder und Bundesgesundheitsminister Spahn verständigt.

Dabei wurde auch folgende interessante Klarstellung getroffen: Geht es darum, ob einer/m Beschäftigten ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG zukommt (sprich, ob der Arbeitgeber den Lohn während der Quarantäne fortzahlen und dann vom Land zurückerhalten kann) darf der Arbeitgeber nach dem Impfstatus der/s Beschäftigten fragen. Denn ohne die Information, ob die/derjenige geimpft ist oder nicht, ist die neue Regelung kaum anwendbar.

Trotzdem sollte die Praxis mit diesem Fragerecht eher zurückhaltend umgehen. Das liegt vor allem daran, dass aufgrund der derzeitigen Regelungen eine Quarantäne ohnehin meist nur für Ungeimpfte angeordnet werden kann bzw. Geimpfte eine Quarantäne durch Vorlage ihres Impfnachweises beim Gesundheitsamt abwehren können. In den allermeisten Fällen lässt also allein die Tatsache, dass eine Person in Quarantäne muss, den Schluss zu, dass sie oder er ungeimpft ist. Die Frage nach dem Impfstatus erübrigt sich dann.
 
Allerdings gibt es auch Ausnahmefälle, in denen Personen trotz Impfung in Quarantäne müssen. Das ist z. B. derzeit bei einer Rückkehr aus einem Virusvariantengebiet der Fall. Hier gilt für alle einheitlich eine Quarantänepflicht von 14 Tagen. Und auch bei einem eigenen positiven Test müssen Geimpfte unseres Wissens nach in Quarantäne (ggfs. aber mit Verkürzungsmöglichkeiten, die Ungeimpfte nicht haben). In diesen Fällen haben dann alle – egal ob geimpft oder ungeimpft – einen Entschädigungsanspruch (es sei denn, das Reiseland war schon bei Einreise ein Virusvariantengebiet). Denn hier hätte die Quarantäne ja nicht durch eine Impfung verhindert werden können, sodass die neue Regelung nicht greift. Auch hier ist die Frage nach dem Impfstatus also grds. nicht entscheidend. Und genau deshalb ist sie datenschutzrechtlich problematisch.
 
Außerdem spricht auch folgende Überlegung für eine restriktive Anwendung des Fragerechts nach dem Impfstatus: Der Arbeitgeber fungiert beim Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG wie Sie wissen nur als „Zahlstelle“. Denn eigentlich handelt es sich ja um einen Entschädigungsanspruch der/des Beschäftigten gegen das Land, weil sie oder er einen Verdienstausfall, also gerade keine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber erhalten hat. Daher ist es auch grundsätzlich die Sache der/des Beschäftigten, ob sie oder er diese Entschädigung in Anspruch nehmen will oder nicht. Und das wirkt sich insbesondere dann aus, wenn es darum geht, ob wegen fehlender Impfung ein Anspruch besteht oder nicht.
 
Mit anderen Worten: Unseres Erachtens ist es nicht ganz richtig, von einer Auskunftspflicht der Beschäftigten hinsichtlich ihres Impfstatus zu sprechen. Vielmehr dürfte es die freie Entscheidung der/des Beschäftigten sein, den Impfstatus gerade nicht zu verraten oder das ärztliche Attest, welches eine Impfung ausschließt, nicht vorzulegen und die entsprechenden Nachteile – kein Entschädigungsanspruch, sprich keine Lohnfortzahlung – hinzunehmen. Es ist aus unserer Sicht nämlich nicht ganz einleuchtend, warum man die Beschäftigten zu „ihrem Glück“ zwingen sollte. Genau das würde eine Auskunftspflicht jedoch letztlich bewirken.
 
Und was heißt all das für die betriebliche Praxis?
Wir sind der Meinung, dass es wohl am pragmatischsten und gleichzeitig datensparsamsten ist, wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigten über zwei Dinge informieren:
 
Erstens: Das Unternehmen wird bei Quarantänefällen zukünftig im Regelfall davon ausgehen, dass kein Entschädigungsanspruch besteht und daher zunächst keine Lohnfortzahlung leisten.

Zweitens: Ist die/der betroffene Beschäftigte der Ansicht, dass ihr oder ihm aber ein Entschädigungsanspruch zusteht, so steht es ihr/ihm selbstverständlich frei, den entsprechenden Nachweis erbringen. Denkbare Nachweise können sein:

  • ein ärztliches Attest über die fehlende Impfgeeignetheit,
  • ein Nachweis über den Grund der Quarantäne (z. B. Rückkehr aus Virusvariantengebiet – welches bei Einreise noch kein solches war) oder
  • ein Impfnachweis.
    Zum Impfnachweis sollte aber immer auch ein Nachweis über den Grund für die Quarantäne beigefügt werden. Das hat folgenden Hintergrund: Geimpfte werden von der Quarantänepflicht nur dann ausgenommen, wenn sie dem Gesundheitsamt ihren Impfnachweis zukommen lassen. Tut jemand das nicht, muss er also formal trotz Impfung in Quarantäne. So könnten gewitzte Arbeitnehmer:innen auf die Idee kommen, gegenüber dem Gesundheitsamt auf eine Vorlage des Impfnachweises zu verzichten und sich freiwillig (in eine mehr oder weniger strenge) Quarantäne zu begeben. Legt diese/r Beschäftigte dann dem Arbeitgeber aber einen Impfnachweis vor, meint dieser, zur Lohnfortzahlung auf Grundlage von § 56 IfSG verpflichtet zu sein. So könnten sich Beschäftigte zwei Wochen bezahlten Urlaub durch die Hintertür erschwindeln. Um einen solchen Missbrauch zu verhindern, sollten Arbeitgeber also auch die Angabe des Grundes für die Quarantäne verlangen.

Und zum Schluss ein Hinweis für unsere Leser:innen in NRW: Die besondere Testpflicht für Reiserückkehrer am 1. Arbeitstag nach dem Urlaub wurde verlängert. Sie gilt nun bis zum 29.10.2021. Mehr dazu können Sie zudem in unseren Newslettern vom 08.07.2021 und 05.08.2021 nachlesen.

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