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Anforderungen für die Durchführung von Kurzarbeit durch Betriebsvereinbarung

Ebenfalls ein Dauerbrenner während der Corona-Krise sind alle Fragen rund um die Kurzarbeit. Auch wenn viele Unternehmen wieder aus der Kurzarbeit raus sind, hat das Thema Kurzarbeit an Aktualität nicht verloren, prüfen die Arbeitsagenturen doch jetzt vermehrt, ob Kurzarbeitergeld auch zu Recht bewilligt worden ist.

Hierbei fangen die Probleme schon damit an, ob Kurzarbeit überhaupt wirksam im Betrieb eingeführt worden ist. Denn: Wurde die Kurzarbeit nicht wirksam eingeführt, kann das fatale Folgen haben; Arbeitnehmer:innen behalten ihren vollen Gehaltsanspruch und schon empfangenes Kurzarbeitergeld muss an die Arbeitsagentur zurückgezahlt werden. Ein Alptraum also.

Gibt es einen Betriebsrat, muss der Betriebsrat beteiligt werden, weil durch die Kurzarbeit die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzt wird, § 87 Absatz 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Bei der Beteiligung des Betriebsrats steht das Unternehmen vor der Wahl: Es kann eine formlose Regelungsabrede oder eine schriftliche Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abschließen.
Wie Sie aus unserem Newsletter vom 20.05.2020 bereits gelernt haben, hat der Abschluss einer schriftlichen Betriebsvereinbarung den Vorteil, dass die Arbeitnehmer:innen die Regelungen der Betriebsvereinbarung unmittelbar gegen sich gelten lassen müssen. Arbeitgeber sparen sich mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung also lästige Kurzarbeitsvereinbarungen mit den einzelnen Arbeitnehmer:innen.
 
Allerdings gibt es auch für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit bestimmte Vorgaben, mit denen sich jüngst das Arbeitsgericht Kiel in seinem Urteil vom 30.03.2021, (Az.: 3 Ca 1779 e/20) befasst hat.
 
Nach der Entscheidung der Kieler Richter muss eine solche Betriebsvereinbarung Folgendes beinhalten:

  • Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit,
  • Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit,
  • Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer:innen.

Und – das war im konkreten Fall besonders relevant – all diese Aspekte müssen aufgrund des Formerfordernisses in § 77 Absatz 2 BetrVG in Schriftform (also im Original eigenhändig unterzeichnet) niedergelegt werden.
Nach dem am 18.06.2021 in Kraft getretenen Betriebsrätemodernisierungsgesetz würde auch die elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur genügen.

Zwar ist grundsätzlich auch ein Verweis in der (unterzeichneten) Betriebsvereinbarung auf ein anderes (nicht unterzeichnetes) Regelwerk zulässig. Jedoch muss dieses andere Regelwerk bei Abschluss der Betriebsvereinbarung bereits vorliegen und es muss zweifelsfrei feststehen, worauf Bezug genommen wird. Am besten wird die Anlage auch noch fest mit der Betriebsvereinbarung durch z. B. eine "Tackerklammer" verbunden. Andernfalls ist zur Wahrung der Schriftform erforderlich, dass die Anlage selbst ebenfalls unterzeichnet wird.

Bei Nichtbeachtung dieser Grundsätze lautet die Rechtsfolge schlichtweg: Die Kurzarbeit wurde nicht wirksam eingeführt. Und das hat - wie schon gesagt - erhebliche Folgen für Arbeitgeber. Diese Arbeitgeber müssen den Beschäftigten die volle Vergütung nachzahlen und das Kurzarbeitergeld an die Arbeitsagentur erstatten. Auch alle anderen "Vorteile" wie z. B. die anteilige Kürzung der Urlaubsansprüche aufgrund der Kurzarbeit fallen natürlich weg.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel verdeutlicht es also einmal mehr: Bei der Einführung von Kurzarbeit ist und war höchste Sorgfalt geboten.

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