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Vorsicht bei der Überwachung von Beschäftigten im Homeoffice!

Mittlerweile wurden erste Studien veröffentlicht, die zu folgendem Ergebnis gekommen sind:

Viele Beschäftigte sind im Homeoffice nicht so produktiv wie im Betrieb.

Da mag der ein oder andere Arbeitgeber auf die Idee verfallen, doch mal über einen Detektiv zu überprüfen, was die/der Beschäftigte in und vor allem außerhalb seines Homeoffice denn so alles tut.

Dieser Schuss kann allerdings schnell nach hinten losgehen, wie das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.09.2020 (9 Sa 584/20) deutlich macht.

In diesem Fall war Folgendes passiert:

Bei einem überwiegend im Homeoffice tätigen Vertriebsleiter gingen die Umsätze zurück. Der Arbeitgeber des Vertriebsleiters wollte nun herausfinden, was dieser während seiner Arbeitszeit so macht und engagierte eine Detektei.

Die Ermittlungen der Detektei betätigten: Der Vertriebsleiter ging mehr privaten Aktivitäten nach als Kundentermine wahrzunehmen. Daraus ergaben sich außerdem (vorsätzlich) falsche Reisekostenabrechnungen, in denen unzutreffende Angaben über Arbeits- und Abwesenheitszeiten gemacht wurden.

Daraufhin fackelte der Arbeitgeber nicht lange und kündigte dem Vertriebsleiter fristlos.
Während die vom Vertriebsleiter erhobene Kündigungsschutzklage in erster Instanz abgewiesen worden war, drehte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg den Spieß zulasten des Arbeitgebers um.

Und zwar nicht, weil der Vertriebsleiter unschuldig war.

Der Kündigungsschutzklage wurde vielmehr nur deshalb stattgegeben, weil die Ermittlungsergebnisse der Detektei nicht verwertbar waren.
 
Eine solch verdeckte Überwachung ist nämlich ein schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Und dieser Eingriff ist (auch laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts) nur zulässig, wenn ein auf konkrete Tatsachen gestützter Verdacht für das Vorliegen schwerwiegender Pflichtverletzungen besteht.

Konkrete Verdachtstatsachen dafür, dass der Vertriebsleiter seiner Tätigkeit nicht nachkam, konnte der Arbeitgeber allerdings nicht aufbieten.

Die einzige Tatsache, die er hatte, war der Umsatzrückgang. Hierfür kann es aber viele Erklärungen geben, auch solche, die nichts mit einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu tun haben.

Und genau das war das Problem.

Ergänzend weist das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg darauf hin, dass es wohl auch andere, weniger einschneidende Maßnahmen gegeben hätte, um der schlechten Performance des Vertriebsleiters auf den Grund zu gehen.

Die Entscheidung ist richtig und stimmt mit den Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz überein.

Arbeitgeber mit unproduktiven Arbeitnehmer:innen im Homeoffice sind daher gut beraten, erst einmal andere Maßnahmen zu ergreifen. Denn davon gibt es viele. So kann man Beschäftigte im Homeoffice bspw. verpflichten, Tätigkeitsberichte vorzulegen, ihnen Aufgaben zuweise, um Erklärung bitten, falls sie diese nicht fristgerecht erledigt haben etc.

Dieses Direktionsrecht steht Arbeitgebern – und das sollten diese nicht vergessen – auch gegenüber einem Vertriebsleiter oder anderen Führungskräften zu.

Vorschnell eine Detektei einzuschalten, kann sich jedenfalls böse rächen. Denn dann läuft man Gefahr, einen Mitarbeiter weiterbeschäftigen zu müssen, der einen nachweislich betrogen hat.

Und denken Sie bitte auch daran: Verstöße gegen den Datenschutz können außerdem Schadenersatzansprüche der betroffenen Arbeitnehmer:innen zur Folge haben. Für Fälle dieser Art wurden bisher bereits Schadenersatzansprüche von Euro 2.000,00 ausgeurteilt. Da ist nicht viel, aber besonders ärgerlich; die zusätzlich anfallenden Bußgelder der Datenschutzaufsichtsbehörden liegen noch deutlich darüber.

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