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Corona-Update vom 18.05.2021 – Nochmalige Änderung der Testpflicht und jede Menge neue Urteile

In unserem heutigen Newsletter möchten wir Ihnen gerne von einer nochmaligen Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung in puncto Testpflicht der Unternehmen sowie von diversen aktuellen Urteilen zum Thema Corona berichten.
 
1. Nochmalige Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung
Die Anzahl der Testpflicht für Unternehmen wurde durch die 3. Änderungsverordnung für alle Unternehmen auf mindestens zwei Tests pro Kalenderwoche festgelegt.
Das schafft mehr Rechtsklarheit, bestanden nach der 2. Änderungsverordnung doch erhebliche Unsicherheiten, wann die Voraussetzungen für das 2. Testangebot erfüllt sind.
Gleichzeitig macht die jetzige Änderung die Testangebote für die Unternehmen natürlich teurer.
 
Geändert wurde auch die Aufbewahrungsfrist für die Nachweise über die Beschaffung von Tests oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung; die Aufbewahrungsfrist läuft jetzt einheitlich am 30.06.2021 ab.
 
Die aktuelle Corona-Arbeitsschutzverordnung mit allen zwischenzeitlichen Änderungen können Sie hier nachlesen.
 
2. Diverse Urteile zum Thema Corona
Die Urteile über Corona-Themen häufen sich. Hier eine Zusammenfassung der aktuellen Entscheidungen:
 
a) Ärztlich attestiertes Maskenverbot
In seiner bislang nur als Pressemitteilung veröffentlichten Entscheidung vom 12.04.2021 (Az.: 2 SaGa 1/21) hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden:
Arbeitnehmer:innen, die bei Ausübung ihrer Tätigkeit eine Maske tragen müssen, durch ärztliche Verordnung aber keine Maske tragen sollen, sind arbeitsunfähig und müssen deshalb nicht beschäftigt werden.
Einen Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung durch eine Beschäftigung im Homeoffice lehnte das Landesarbeitsgericht Köln im konkreten Fall ab.
 
Wie das Landesarbeitsgericht Köln die umstrittene Frage nach dem Beweiswert eines ärztlich attestierten Maskenverbots beurteilt hat, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen.
Insoweit bleibt der Volltext der Entscheidung abzuwarten.
 
Welche Probleme sich beim ärztlich attestierten Maskenverbot stellen, hatten wir in unserem Newsletter vom 09.02.2021 dargestellt, den Sie hier nachlesen können.
 
b) Corona-Boni können gepfändet und abgetreten werden!
Per Urteil vom 17.03.2021 (Az.: 3 Ca 3145/20) hat das Arbeitsgericht Bautzen entschieden:

Die Regelung in § 150 a Abs. 8 Satz 4 SGB IX, wonach Corona-Boni an Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen unpfändbar sind, ist nicht auf ebensolche Zahlungen an andere Beschäftigte übertragbar.
Einen Pfändungsschutz nach anderen Bestimmungen (§ 850 i Abs. 1 ZPO, § 850 a Nr. 3 ZPO) lehnt das Arbeitsgericht Bautzen ebenfalls ab.

Corona-Boni sind somit wie laufendes Arbeitsentgelt pfändbar und abtretbar; Ausnahme sind, wie schon gesagt, die Corona-Boni an Beschäftigte der Pflegebranche, weil die Unpfändbarkeit hier gesetzlich angeordnet ist (§ 150 a Abs. 8 Satz 4 SGB IX).
 
c) Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer:innen selbst in Quarantäne geschickt haben, müssen die Quarantäne auch bezahlen:
So urteilte das Arbeitsgericht Dortmund in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 24.11.2020 (Az.: 5 Ca 2057/20).
Der Fall betraf den Anfang der 1. Welle im Frühjahr letzten Jahres. Zu Beginn der 1. Welle hatte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer, der am 15.03.2020 aus Tirol zurückkehrte, von sich aus in Quarantäne geschickt. Eine behördliche Quarantäneverordnung gab es also nicht. Zu diesem Zeitpunkt war Tirol vom RKI auch noch nicht als Risikogebiet eingestuft worden.
Aus diesen beiden Gründen müsse der Arbeitgeber die Quarantäne bezahlen.
Wörtlich sagt das Arbeitsgericht Dortmund:
„Beschließt nämlich ein Arbeitgeber aus eigenem Antrieb, seinen Betrieb zu schließen oder einen oder mehrere Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in ‚Quarantäne‘ zu schicken, trägt er nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre das Vergütungsrisiko. Dies gilt nach den dem Rechtsgedanken des § 615 Satz 3 BGB entnommenen Grundsätzen selbst dann, wenn die Störung – wie im Fall des Corona-Virus SARS-CoV-2 nicht aus einer vom Arbeitgeber beeinflussbaren Gefahrenquelle stammt.“

Damit mehren sich die gerichtlichen Stimmen, die dem Arbeitgeber das Betriebsrisiko auch für die Auswirkungen der Pandemie zuschreiben. Über weitere Urteile, die in die gleiche Richtung gehen hatten wir in unseren Newslettern vom 12.04.2021 und 05.05.2021 berichtet. Dem angeschlossen hat sich nun auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seinem Urteil vom 23.03.2021 (Az.: 11 Sa 1062/20) und entschieden: Der pandemiebedingt geschlossene Einzelhandel trägt das Vergütungsrisiko für geringfügigbeschäftigte Arbeitnehmer:innen, die keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben.
 
d) Auch Risikopatienten müssen grundsätzlich im Büro arbeiten, wenn das erforderlich ist.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.03.2021 (Az.: 6 Ca 1912 c/20) betraf einen Fall zu einer Zeit, in der es noch keine coronabedingte Home-Office-Verpflichtung der Arbeitgeber gab.
Die Entscheidung ist allerdings auf die jetzige Situation übertragbar, da es ja auch in der jetzigen Situation Arbeitnehmer:innen gibt, die zumindest teilweise im Betrieb arbeiten müssen. Auch in dem vom Arbeitsgericht entschiedenen Fall hätte der Arbeitnehmer, wenn es damals schon eine Home-Office-Pflicht für Arbeitgeber gegeben hätte, im Betrieb erscheinen müssen. Der Arbeitnehmer sollte wegen seines geplanten 5-wöchigen Urlaubs nämlich 2 Mitarbeiter einarbeiten, was nur im Betrieb möglich war.
 
Den Einwand des Arbeitnehmers, er sei Risikopatient und müsse die Einarbeitung daher digital machen, ließ das Arbeitsgericht Kiel nicht gelten.
O-Ton der Kieler Richter:
„Das Maß des Klägers für einen besonders schweren Verlauf einer Corona-Erkrankung schließt die Beschäftigung vor Ort nicht generell aus.
Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nicht allein mit mehr oder weniger hoher Gefährdung Risikopatient wäre, sondern wenn der Arbeitnehmer aufgrund Vorerkrankung ein attestiertes derart hohes Risiko für einen schweren Corona-Erkrankungsverlauf hätte, dass jegliche Beschäftigung im Büro mit anderen Mitarbeitern unverantwortlich wäre.
Allein die Behauptung des Klägers, er sei aufgrund einer wie auch immer gearteten Asthma-Erkrankung Risikopatient […] führt nicht zu einer wie zuvor skizzierten Ausnahmesituation.
Auch die im Nachhinein gefertigte Stellungnahme des behandelnden Arztes schließt eine Beschäftigung im Betrieb schon dem Wortlaut nicht absolut aus. Ganz abgesehen davon, dass diese nicht zurückwirkt.“

 
Was lernen wir daraus: Die Anforderungen, Risikopatienten nicht im Betrieb beschäftigen zu müssen, sind sehr hoch.
 
e) Anzahl der Beisitzer einer Einigungsstelle zum Thema Arbeitsschutz in der Pandemie
Wenn es um die Anzahl von Beisitzern in einer Einigungsstelle geht, lautet die Faustformel:
Im Normalfall genügen 2 Beisitzer. Nur bei hochkomplexen Fragestellungen können oder müssen es mehr sein.
 
In seinem gerade veröffentlichten Beschluss vom 18.03.2021 (Az.: 17 TaBV 1/21) mussten die baden-württembergischen Landesarbeitsrichter folgende Frage beantworten:
Ist eine Einigungsstelle mit dem Thema „Betriebsvereinbarung über Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie“ eine normale oder hochkomplexe Angelegenheit?
Die Richter votierten für eine Angelegenheit mit normalem Schwierigkeitsgrad und ließen 2 Beisitzer je Seite genügen.
Zur Begründung der Entscheidung wiesen sie darauf hin, dass es durch die Gesetze und Corona-Verordnungen bereits einen rechtlichen Rahmen mit ausgewerteten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Gewährleistung des Arbeitsschutzes gäbe.

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