Skip to main content

Zwischenbilanz in der Rechtsprechung - Geschäftsgeheimnisschutz nach dem GeschGehG

Am 26.04.2019 ist das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Kraft getreten. Mittlerweile sind die neuen Regelungen auch Gegenstand von ersten Gerichtsentscheidungen, von denen wir Ihnen heute gerne zwei vorstellen möchten:

1. Unwirksamkeit von sogenannten „catch all“- Klauseln

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in seinem Urteil vom 02.12.2019 (Az.: 2 SaGa 20/19) die bisherige Rechtsprechung zur Unzulässigkeit sogenannter „catch-all“-Verschwiegenheitsklauseln bestätigt. Dabei handelt es sich um Klauseln, die den Arbeitnehmer dazu verpflichtet, über sämtliche ihm während des Arbeitsverhältnisses bekannt gewordenen geschäftlichen Tatsachen Stillschweigen zu wahren. Eine derartige Regelung ist inhaltlich zu unbestimmt, daher intransparent und hält erst recht unter dem neuen GeschGehG einer AGB-Kontrolle nicht stand.

Das Landesarbeitsgericht Köln fordert in seiner Entscheidung aber nicht nur inhaltliche, sondern auch zeitliche Beschränkungen der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht. Es geht nach Meinung der Kölner Landesarbeitsrichter nicht an, Arbeitnehmer bis an ihr Lebensende zu verpflichten, jedwede Informationen uneingeschränkt geheim zu halten. Das sei ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Berufsfreiheit von Arbeitnehmern. Das leitet das Arbeitsgericht Köln auch aus den gesetzlichen Regelungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote ab, die maximal für die Dauer von 2 Jahren und auch nur dann wirksam vereinbart werden können, wenn dem Arbeitnehmer eine sogenannte Karenzentschädigung für seine "Enthaltsamkeit" gezahlt wird. 

Da die vom Landesarbeitsgericht Köln entschiedene "catch-all"-Klausel ohnehin zu weitgehend war, mussten die Kölner Landesarbeitsrichter nicht entscheiden, wie man nachvertragliche Verschwiegenheitsregelungen denn wirksam vereinbaren kann. 

Unseres Erachtens sind hier folgende Leitlinien zu beachten:

  • Auch nachvertragliche Verschwiegenheitsregelungen dürfen sich auf Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes beziehen. Wie Sie wissen, setzt § 2 des Geschäftsgeheimnisgesetzes allerdings voraus, dass Arbeitgeber ihre Geschäftsgeheimnisse besonders schützen, sei es durch mechanische Vorrichtungen oder vertragliche Vereinbarungen.
  • Wenn Sie Geheimnisse per Arbeitsvertrag zum Geschäftsgeheimnis erheben möchten, sollten Sie die Informationen etc., deren Verschwiegenheit Ihnen wichtig ist, als Geschäftsgeheimnis vereinbaren und möglichst präzise im Arbeitsvertrag beschreiben. 
  • Wichtig ist außerdem, dass Sie die Informationen etc. pp., die der Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für sich oder andere nutzen können soll, immer daraufhin kontrollieren, ob und inwieweit Sie den Arbeitnehmer in seinem weiteren beruflichen Fortkommen beeinträchtigen:
    Kommt die Beeinträchtigung einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich, wird Ihre Klausel scheitern, wenn Sie mit dem Arbeitnehmer kein kostenpflichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren.

    Ist die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers zwar eingeschränkt, aber nicht so, dass Sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot brauchen, sollten Sie die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ggfs. zeitlich begrenzen. Das gilt zumindest in den Fällen, in denen Sie als Arbeitgeber kein überwiegendes Interesse an einem zeitlich unbegrenzten Geheimnisschutz haben. Beispiel hierfür sind Abwerbeverbote, die nach der aktuellen Rechtsprechung in mehrfacher Hinsicht zeitlich begrenzt werden müssen. 


Fazit: Bei der Gestaltung von nachvertraglichen Verschwiegenheitsklauseln ist Vorsicht und vor allem eine differenzierte Betrachtung geboten. Von pauschalen Regelungen sollte in jedem Fall Abstand genommen werden. Stattdessen sollten Arbeitgeber möglichst "vielschichtig" vorgehen. 
Die generelle Devise nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz lautet: Je genauer und differenzierter Sie Ihre individuellen Geschäftsgeheimnisse im Arbeitsvertrag benennen, desto besser.
Außerdem sollte der arbeitsvertragliche Schutz nie alleine stehen, sondern in ein einheitliches Schutzkonzept eingebettet sein. Dieses einheitliche Schutzkonzept sollte auch andere, z. B. mechanische Schutzmechanismen vorsehen, wie Sie es aus dem Datenschutzrecht kennen. 
Denn, um das noch einmal zu sagen: Nur derjenige kann sich auf den Schutz des Geschäftsgeheimnisgesetzes berufen, der die geheime Information auch aktiv schützt und angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen hat. 
 
2. Private Notizen als Geschäftsgeheimnis

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte in seinem Urteil vom 03.06.2020 (Az.: 12 SaGa 4/20) einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Untersagung der Nutzung von privat gefertigten Notizen zu einzelnen Kunden durch einen Vertriebsmitarbeiter ging. Zwei Aussagen des Gerichts sind hierbei besonders wichtig:

  • Zum einen stellten die Düsseldorfer Richter klar, dass eine unzulässige Verwertung eines Geschäftsgeheimnisses (z.B. einer Kundenliste) auch dann gegeben ist, wenn die Namen der Kunden in die persönlichen Unterlagen des Arbeitnehmers (z.B. in einen privaten Terminkalender oder auf seinen privaten Laptop) gelangt sind und der Arbeitnehmer davon nach seinem Ausscheiden Gebrauch macht.
    Mit anderen Worten: Auch private Notizen können Gegenstand des betrieblichen Geheimnisschutzes sein.
    Um einer solchen Situation vorzubeugen, ist es – auch aus Datenschutzgründen – ratsam, klar zwischen der privaten und dienstlichen Nutzung von E-Mail-Accounts, Laptops, Smartphones oder physischen Kalendern zu trennen.

  • Zum anderen differenzierte das Gericht: Kundenadressen- und kontakte, die dem Arbeitnehmer schlicht in seinem Gedächtnis geblieben sind, darf er - anders als die während des Arbeitsverhältnisses angefertigten Notizen - im Rahmen seiner neuen Tätigkeit verwerten. Das gilt auch für Erfahrungswissen und erworbene Kenntnisse, das er im Laufe seiner vergangenen Anstellung gesammelt hat. Das ist im Übrigen ständige Rechtsprechung.

Folgende Faustregel können Sie sich also merken: Alles was der Arbeitnehmer im Kopf hat, darf er verwenden. Alles was niedergeschrieben ist, darf er nicht verwenden.

Wie Sie sehen bleibt einiges auch mit dem neuen GeschGehG beim Alten; anderes hat sich geändert oder muss noch abschließend von den Gerichten geklärt werden. Wir bleiben für Sie am Ball.

  • Erstellt am .