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Gesetzesentwurf zum mobilen Arbeiten - so nicht, sagt das Kanzleramt

Der erste Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist da. Sie finden ihn inklusive der Gesetzesbegründung hier.

Die Inhalte:

  • Arbeitnehmer, die länger als 6 Monate beschäftigt sind, haben einen Anspruch auf mobiles Arbeiten an bis zu 24 Tagen pro Jahr, wenn sie an durchschnittlich 5 Tagen pro Woche arbeiten. Bei Arbeitnehmern, die durchschnittlich an mehr oder weniger als 5 Wochentagen arbeiten, erhöht oder verringert sich der Anspruch entsprechend, sagt die Gesetzesbegründung.
    Analog den Regelungen zur Teilzeit kann der Arbeitnehmer diesen Anspruch durch ein entsprechendes Verlangen geltend machen.
  • Der Anspruch auf mobiles Arbeiten besteht nicht, soweit die geschuldete Tätigkeit nicht für mobiles Arbeiten geeignet ist oder dem mobilen Arbeiten betriebliche Gründe entgegenstehen.
  • Wie bei der Teilzeit kann der Arbeitnehmer sich auch Beginn, Dauer und Verteilung der mobilen Arbeit wünschen. Wie bei der Teilzeit sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Wünsche des Arbeitnehmers verhandeln, um zu einer Vereinbarung zu gelangen.
  • Kommt die Vereinbarung nicht zustande, muss der Arbeitgeber das dem Arbeitnehmer spätestens zwei Monate nach dem Verlangen des Arbeitnehmers in Textform mitteilen und seine ablehnende Entscheidung begründen. Tut der Arbeitgeber das nicht, gelten die vom Arbeitnehmer mitgeteilten Wunschtermine längstens für die Dauer von 6 Monaten als genehmigt. Wie bei der Teilzeit arbeitet der Gesetzgeber also auch hier mit einer Genehmigungsfiktion.
  • Den Ort des mobilen Arbeitens kann der Arbeitnehmer sich ebenfalls wünschen. Hat der Arbeitnehmer in seinem Verlangen keinen bestimmten Ort angegeben, soll er den Ort auswählen dürfen, wenn es hierüber nicht zu einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber kommt.
    Scheitert die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, gilt wieder: Der vom Arbeitnehmer ausdrücklich gewünschte Ort oder das ihm ohne Äußerung eines ausdrücklichen Wunsches obliegende "Ortswahlrecht" gilt als genehmigt, wenn der Arbeitgeber nicht spätestens zwei Monate nach der Geltendmachung des Anspruchs mit Begründung widerspricht.
  • Widerspruchsgründe sollen, wie schon gesagt, sein: Die Tätigkeit eignet sich nicht für mobiles Arbeiten oder den mobilen Arbeiten stehen betriebliche Gründe entgegen.
  • Hat der Arbeitgeber das Verlangen des Arbeitnehmers berechtigterweise abgelehnt, kann der Arbeitnehmer frühestens vier Monate nach der Ablehnung erneut mobiles Arbeiten verlangen und die Prozedur geht wieder von vorne los.
  • Es gelten die Regelungen zum Arbeitsschutz und der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor Beginn der mobilen Arbeit in Textform darüber informieren, wie seine Gesundheit gewährleistet wird.
  • Eine vorzeitige Beendigungsmöglichkeit des mobilen Arbeitens soll es auch geben, und zwar für beide Seiten und mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonats, frühestens jedoch zum Ende des 6. Monats seit Beginn des mobilen Arbeitens. Frühestens 4 Monate später kann der Arbeitnehmer dann erneut mobiles Arbeiten verlangen.
  • Durch Tarifvertrag kann auch zu Ungunsten von Arbeitnehmern vom Gesetz abgewichen werden.
  • Für Arbeitnehmer, die regelmäßig mobil arbeiten, müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnung kann durch den Arbeitnehmer erfolgen, wobei der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich bleibt.
    Achtung: Regelmäßiges mobiles Arbeiten ist auch die mobile Arbeit an bis zu 24 Tagen pro Jahr! Laut Gesetzesbegründung heißt "regelmäßig" nur, dass das mobile Arbeiten planmäßig und wiederkehrend erfolgt; planmäßig und wiederkehrend erfolgt mobiles Arbeiten ausweislich der Gesetzesbegründung aber schon dann, wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise zweimal im Monat an einem bestimmten Wochentag mobil arbeitet.
  • Wird gegen die Aufzeichnungspflicht verstoßen, droht eine Geldbuße von bis zu € 30.000,00 pro Einzelfall.
  • Der Betriebsrat bekommt ein echtes Mitbestimmungsrecht. In § 87 Abs. 1 BetrVG soll nämlich eine neue Nr. 14 mit dem Titel Einführung und Ausgestaltung von mobiler Arbeit eingefügt werden.
  • Der Unfallversicherungsschutz wird für mobiles Arbeiten im eigenen Haushalt oder an einem anderen Ort erweitert.

Die Kritik:

  • Wer soll die Kosten der mobilen Arbeit durch eine entsprechende technische Infrastruktur tragen? Laut der Gesetzesbegründung soll das der Arbeitgeber sein, der die Anschaffung nur ablehnen kann, wenn die Kosten für ihn unverhältnismäßig sind. Nach dem Willen des Ministeriums soll also eine arbeitgeberbezogene Unverhältnismäßigkeitsprüfung stattfinden. Eine arbeitsplatzbezogene Betrachtung wäre angebrachter.
  • Wenn der Arbeitgeber dem vom Arbeitnehmer gewünschten Ort der mobilen Arbeit grundsätzlich zustimmen muss (weil er keine berechtigten Ablehnungsgründe hat) und gleichzeitig für den Arbeitsschutz verantwortlich ist, kann die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit schwierig werden. Das gilt insbesondere für mobiles Arbeiten im Ausland, das nicht, zumindest nicht ausdrücklich, verboten ist.
  • Unklar ist auch die Reichweite des geplanten Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats. Fraglich ist insbesondere, ob der Betriebsrat auch ein Initiativrecht haben soll, eine Ausweitung der Ansprüche über die 24 Tage pro Jahr zu fordern und ggf. per Einigungsstelle etc. durchzusetzen. Die Gesetzesbegründung lässt allerdings hoffen, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat nur auf die bis zu 24 Tage pro Jahr bezieht.

So ähnlich wie uns ging es auch dem Bundeskanzleramt, das den Entwurf des Ministeriums für Arbeit und Soziales noch nicht einmal für geeignet hält, in die weitere Abstimmung zwischen den Ministerien zu gehen.

Aufgeschoben ist aber bekanntlich nicht aufgehoben. Mal schauen, wie es weitergeht.

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