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LAG Baden-Württemberg will die befristete Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erleichtern - gerade in Corona-Zeiten eine gute Sache

§ 41 Satz 3 SGB VI macht es möglich, das Arbeitsverhältnis mit Arbeitnehmern, die die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreichen, befristet fortzusetzen und zwar ohne sachlichen Grund.
Gerade in der Corona-Krise, in der manche Arbeitgeber Neueinstellungen scheuen, kann das ein probates Mittel sein, um dem hoffentlich wieder steigenden Arbeitsanfall im Unternehmen Rechnung zu tragen.

Unstreitig müssen für die sachgrundlose Befristung nach § 41 Satz 3 SGB VI folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Arbeitnehmer muss schon bei Ihnen beschäftigt sein. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit neuen Arbeitnehmern ist nach § 41 Satz 3 SGB IV nicht möglich.
  • Das bisherige Arbeitsverhältnis muss eine wirksame Regelung enthalten, wonach es mit Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung endet. Sieht der Arbeitsvertrag (oder der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag) eine solche Regelung nicht vor, ist eine Befristung nach § 41 Satz 3 SGB VI nicht möglich.
    Achtung: Die Vollrente mit 63+ ist nicht die gesetzliche Regelaltersgrenze.
  • Die Befristung nach § 41 Satz 3 SGB VI muss sich lückenlos an das bestehende Arbeitsverhältnis anschließen. Das bedeutet, dass die Befristung mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden muss, bevor dieser die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht.

Diese Voraussetzungen sind, wie schon gesagt, unstreitig und in der Regel leicht zu erfüllen.

Streitig ist, ob die bisherigen Arbeitsbedingungen anlässlich der befristeten Verlängerung nach § 41 Satz 3 SGB VI verändert werden dürfen.
Dieser Streit ist sehr praxisrelevant, weil häufig der beiderseitige Wunsch besteht, das Arbeitsverhältnis nicht nur befristet, sondern z. B. auch mit reduzierter Arbeitszeit fortzusetzen.

In seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 30.04.2020 (Az.: 3 Sa 98/19) hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit überzeugender Begründung entschieden:
Bei der sachgrundlosen Befristung nach § 41 Satz 3 SGB VI dürfen die Arbeitsbedingungen geändert werden.
Ein Vergleich mit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, wo eine Änderung der Arbeitsbedingungen unstreitig nicht möglich ist, sei fehl am Platz.

Da diese Sichtweise nicht von allen geteilt wird und das Bundesarbeitsgericht diese Frage bisher offengelassen hat, hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg die Revision zum BAG zugelassen.

Wenn Sie bis zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auf Nummer sicher gehen möchten, sollten Sie der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2018 (Az.: 7 AZR 70/17) folgen und die Arbeitsbedingungen erst nach der Vereinbarung über die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ändern, und zwar rückwirkend.
Besagtes Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2018 hatten wir bereits in unserem Newsletter vom 04.04.2019 besprochen. Hier der Link auf unseren damaligen Newsletter.

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