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Was sagt die neue EU-Entsenderichtlinie?

In Zeiten des Fachkräftemangels wird auch der Arbeitsmarkt immer globaler. Deutsche Arbeitnehmer werden ins Ausland entsandt und ausländische Arbeitnehmer nach Deutschland. Wegen der selbst innerhalb der EU mitunter unterschiedlichen Arbeitsbedingungen soll nun mehr Lohngerechtigkeit geschaffen werden. Gleichzeitig sollen nationale Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Lohndumping und unfairer  Konkurrenz aus dem Ausland geschützt werden.

Um diese Ziele zu erreichen, wurde die EU-Entsenderichtlinie überarbeitet. Die Mitgliedstaaten der EU haben nun bis 30. Juli 2020 Zeit, die neue EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. 


Was Deutschland anbelangt, so hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hierzu ein Eckpunktepapier vorgelegt. Dem Eckpunktepapier soll kurzfristig ein entsprechender Gesetzesentwurf folgen.

Damit Sie wissen, was in Zukunft bei der Entsendung deutscher Arbeitnehmer ins europäische Ausland auf Sie zukommt, hier die wesentlichen Aussagen des aus dem Eckpunktepapiers aus der Feder des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:

"Die neue EU-Entsenderichtlinie sorgt im Kern dafür, dass

  • Arbeitnehmerrechte gestärkt,
  • gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen geschaffen,
  • Mobilität und Markt durch die Verhinderung von Dumpingkonkurrenz für inländische Unternehmen wie Beschäftigte fair ausgestaltet sowie
  • die Rechte entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geachtet werden.

Insbesondere sollen die Lohn- und Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer von ausländischen Arbeitgebern sowie Arbeitnehmer von deutschen Arbeitgebern hierzulande so weit wie möglich gleichgestellt werden. Dabei ist die Dauer der Entsendung (kurzzeitiger Einsatz vs. langzeitiger Arbeitseinsatz z.B. auf einer Baustelle) ein wichtiges Kriterium. Die Mitgliedsstaaten haben sich darüber hinaus verständigt, die Transparenz und Rechtsklarheit der bei Entsendung anwendbaren Regeln zu verbessern.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Lohndumping verhindert wird. Der Lohn für die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer soll soweit wie möglich an den für unsere inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgeschriebenen Lohn angeglichen werden.

Bisher galten in Deutschland für Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen nur die Mindestlohnsätze. Dies kann in Branchen, in denen Löhne oberhalb des Mindestlohns gezahlt werden, zu Verwerfungen führen. Neu ist künftig, dass die Mitgliedstaaten ihre Entlohnungsvorschriften auch jenseits reiner Mindestlohnsätze auf entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anwenden können. Die ist möglich, wenn ausländische und inländische Arbeitgeber gleichbehandelt werden. Es müssen gleiche Bedingungen für alle gelten.

Dafür werden wir folgende Punkte unter Beachtung der Tarifautonomie umsetzen:

  • Wir stellen sicher, dass alle gesetzlichen Entlohnungsvorschriften auch auf entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anwendung finden können.
  • Wir gewährleisten dabei den notwendigen gesetzlichen Rahmen, damit die Tarifvertragsparteien entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in relevanten Bereichen durch mit zwingender Wirkung erstreckte Entlohnungsvorschriften schützen können. Wir beachten dabei die unionsrechtlichen Vorgaben, dass entsandte und inländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber auch ihre Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gleichbehandelt werden und werden gleichzeitig die Tarifvielfalt in Deutschland wahren.


Bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen

EU-Arbeitgeber, die in Deutschland wirtschaftlich aktiv sind, sollen die Kosten für Unterkunft, Reisekosten oder Verpflegung nicht ihren Arbeitskräften auflasten.

Entsendebedingte Kosten sollen deshalb nach der Entsenderichtlinie grundsätzlich von der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber nach den Regeln in ihrem Herkunftsland getragen werden. Wenn entsandte Arbeitnehmer innerhalb des Staates reisen müssen, in den sie entsandt worden sind, sollen allerdings die gleichen rechtlichen Bedingungen wie auf dem inländischen Arbeitsmarkt gelten. Soweit also in Deutschland solche Kostenerstattungen vorgesehen sind, kann dann auch die EU-Arbeitnehmerin und der EU-Arbeitnehmer die Erstattung seiner entsendebedingten Kosten verlangen.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen während der Entsendung nicht unter unwürdigen Bedingungen untergebracht sein. Gerade in den deutschen Großstädten häufen sich die Berichte von miesen Unterkunftsbedingungen für Arbeitnehmer aus dem Ausland, teilweise sogar Bauwagenkolonnen. Damit muss Schluss sein. Der Staat, in den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt wurden, soll stärker als bisher dagegen vorgehen können.

Daher:

  • Das vom BMF auf den Weg gebrachte Gesetz zur Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch ermöglicht künftig die Anwendung allgemeinverbindlicher tariflicher Vorschriften über die Anforderungen, die von der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber gestellte Unterkünfte erfüllen müssen.
  • Wir werden sicherstellen, dass auch die gesetzlichen Anforderungen in diesem Bereich für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anwendung finden.
  • Wir stellen außerdem sicher, dass nach Deutschland entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für Reisen, die sie innerhalb Deutschlands antreten müssen, von denselben Regeln profitieren wie fest in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.


Arbeitslohn ist Arbeitslohn - keine Anrechnung von Aufwandserstattungen mehr

Zulagen, die entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten, um die Kosten auszugleichen, welche ihnen infolge der Entsendung entstehen (Unterkunft, Reise, Verpflegung), sind kein Bestandteil der Entlohnung. Sie dürfen nicht auf den Lohn angerechnet werden.

In der Vergangenheit war es in der Praxis häufig unklar, ob und in welchem Umfang Entsendezulagen der Aufwandserstattung dienten. Das führte dazu, dass EU-Unternehmen oft Entsendezulagen für ihre Arbeitnehmer pauschal zum Lohn hinzurechneten, um die Höhe des Mindestlohns zu erreichen, obwohl diese Zulagen eigentlich nur den Aufwand des Arbeitnehmers für die Entsendung ausgleichen sollten. Für die Kontrollbehörden, wie z.B. in Deutschland den Zoll, führte dies bei den Kontrollen zu praktisch schwierigen Fragen bei der Zuordnung dieser Entsendezulagen.

Um diese Unsicherheiten zu beseitigen, gilt künftig die Vermutung, dass auf dem Lohnzettel ausgewiesene Entsendezulagen keine Löhne sind, sondern eben den zusätzlichen Kostenaufwand des Arbeitnehmers für Reise, Unterkunft und Verpflegung ausgleichen sollen."

Das tun wir:

  • Wir werden sicherstellen, dass Entsendezulagen nicht mehr pauschal auf den Lohn in Deutschland angerechnet werden können. Dies ist künftig nur noch dann möglich, wenn klar ist, dass sie nicht eigentlich die entsendebedingten Kosten der EU-Arbeitnehmerinnen oder des Arbeitnehmers ausgleichen sollen.


Besonderer Schutz langzeitentsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Wir werden langzeitentsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders schützen. Die Dauer des Arbeitseinsatzes von EU-Arbeitskräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt macht im Hinblick auf die Lohn- und Wettbewerbskonkurrenz gegenüber inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen Unterschied. Die revidierte Entsenderichtlinie berücksichtigt dies, indem sie besondere Regeln für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorsieht, die von ihrer Arbeitgeberin oder ihrem Arbeitgeber länger als 12 bzw. 18 Monate in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden. Daher werden wir unter Beachtung der Richtlinienvorgaben umsetzen:

  • Deutsches Recht für alle: Wir gewährleisten die umfassende Anwendung der deutschen Arbeitsgesetze auf langzeitentsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Wir erweitern die Mechanismen, um die in Deutschland geltenden allgemein verbindlichen tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen auf langzeitentsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzuwenden.
  • Das Verfahren für die Verlängerung der Frist für die Langzeitentsendung von 12 auf 18 Monate werden wir transparent, praxistauglich und unbürokratisch ausgestalten.
  • Wir sorgen dafür, dass die sozialen und rechtlichen Vorschriften über die Langzeitentsendung nicht durch Aneinanderreihungen von mehreren Entsendungen ("Kettenentsendungen") umgangen werden können. Das stellt Ordnung wieder her.


Klarere Regeln für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer - kein Leiharbeitsdumping in der EU!

Wir schützen auch alle Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die von ihrem Entleiher im Ausland zur Arbeit mit nach Deutschland genommen werden. Die revidierte Entsenderichtlinie stellt klar, dass auch Kettenentsendungen von Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern erfasst sind, diese werden geschützt und unterliegen den Regeln des deutschen Arbeitsrechts. Daher werden wir,

  • sicherstellen, dass Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die in Deutschland eingesetzt werden, vom deutschen Arbeitsrecht erfasst werden.
  • Damit Verleiher im Ausland sich an das deutsche Arbeitsrecht halten können, müssen sie wissen, ob ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland eingesetzt werden. Wir werden daher durch entsprechende Informationspflichten von Entleihern sicherstellen, dass Verleiher mit Sitz im Ausland informiert sind, wenn ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland eingesetzt werden.


Mehr Transparenz auf dem europäischen Arbeitsmarkt.
Bessere Bedingungen für Unternehmen und Beschäftigte


Wir reduzieren Bürokratie und schaffen mehr Verlässlichkeit. Mit der revidierten Entsenderichtlinie werden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, mehr Informationen über dei Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen bei Entsendungen bereitzustellen. Das tun wir:

  • Wir stärken die One-Stop-Plattform für EU-Arbeitgeber und Arbeitskräfte: Wir werden die bestehende zentrale deutsche Internetseite (www.zoll.de) fortentwickeln, um Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern mit Sitz im Ausland und ihren hierhin entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weiterhin einen leichten und vollständigen Überblick über die in Deutschland zu beachtenden Arbeitsbedingungen zu gewähren.
  • Alle Tarifverträge, die für entstandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, werden wir zugänglich machen.
  • Wir werden uns dafür einsetzen, dass die neu geschaffene Europäische Arbeitsbehörde als zentrale Informationsstelle die Informationsangebote der Mitgliedstaaten bündelt. So können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und ihre entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Übersicht über die den Mitgliedstaaten geltenden Entsenderegeln erhalten.


Schutz vor Ausbeutung durch faire Mobilität

Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen ihre Rechte besser durchsetzen können.

  • Wir stärken das Klagerecht von EU-Beschäftigten, so dass entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die erweiterten Rechte, die ihnen aufgrund der revidierten Entsenderichtlinien künftig in Deutschland zustehen, auch in Deutschland einklagen können.

Entsandte ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können oft wegen unzureichender Kenntnisse der deutschen Sprache sowie des deutschen Rechtssystems ihre nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz bestehenden Rechte nicht in gleichem Maße wie im Inland wohnende Arbeitnehmer geltend machen und durchsetzen. Das macht sie zum einfachen Ziel von Ausbeutungen. Daher werden wir,

  • gesetzlich konkretisieren, wie Gewerkschaften speziell entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche besser unterstützen können.
  • Wenn Gewerkschaften im Namen einer entsandten Arbeitnehmerin oder eines entsandten Arbeitnehmers Ansprüche im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gerichtlich geltend machen wollen, soll dies künftig auch ohne Mitgliedschaft in der Gewerkschaft möglich sein.

Faire Mobilität bedarf auch jenseits gerichtlicher Durchsetzungsinstrumente der Flankierung durch eine staatlich unabhängige, auf die speziellen Bedürfnisse entstandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedstaaten zugeschnittene Beratungsangebote, die gerade auch die sprachlichen Probleme der Hilfesuchenden berücksichtigen. Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt "Faire Mobilität " (www.faire-mobilitaet.de/faelle) mit seinen mehrsprachig ausgerichteten Beratungsstellen in Deutschland hat entsandten Arbeitnehmern bereits in vielen Fällen geholfen, ihre Rechte durchzusetzen.

  • Wir werden die in der Praxis bewährten Angebote des Projektes Faire Mobilität verstetigen und - einschließlich der dafür dauerhaft erforderlichen Haushaltsmittel - auf das erweiterte Spektrum entsenderelevanter Arbeitsbedingungen ausdehnen. Gleichzeitig evaluieren wir das Projekt, um das Beratungsangebot qualitativ weiterzuentwickeln."
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