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Bundesarbeitsgericht: Grundsatzurteil zum Auskunftsanspruch von Betriebsräten im Lichte des neuen Datenschutzrechts!

In seinem gerade veröffentlichten Beschluss vom 09.04.2019 (Az.: 1 ABR 51/17) hat das Bundesarbeitsgericht grundsätzliche Fragen zum allgemeinen Auskunftsanspruch von Betriebsräten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes im Lichte des neuen Datenschutzrechts geklärt.

Geklagt hatte ein Betriebsrat, der nicht damit einverstanden war, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur noch Schwangerschaften von Arbeitnehmerinnen mitteilte, die der Mitteilung ihrer Schwangerschaft an den Betriebsrat nicht widersprochen hatten. Nach Meinung des Betriebsrats musste ihm jede Schwangerschaft mitgeteilt werden, da er nach § 80 des Betriebsverfassungsgesetzes darüber zu wachen habe, dass die besonderen gesetzlichen Schutzvorschriften für Schwangere eingehalten werden.

Das Bundesarbeitsgericht hat diesen Konflikt zum Anlass genommen, folgende Grundsätze in dem Dreiecksverhältnis Arbeitgeber / Betriebsrat / Arbeitnehmer herauszuarbeiten:

  • Der allgemeine Auskunftanspruch des Betriebsrats nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz setzt Zweierlei voraus:
    Zum einen muss der Betriebsrat eine betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe wahrnehmen. Und zum anderen muss die Auskunft, die er vom Unternehmen haben möchte, zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich sein.
    Laut Bundesarbeitsgericht reicht es nicht, dass der Betriebsrat in punkto Wahrnehmung von Aufgaben allgemein auf die Überwachung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen hinweist.
    Im konkreten Fall sagte das Bundesarbeitsgericht: Der Betriebsrat kann sich für die verlangte Auskunft nicht mit einem bloßen Hinweis auf die Überwachung von nicht näher bezeichneten, zugunsten schwangerer Arbeitnehmerinnen geltenden mutterschutzrechtlichen Pflichten des Unternehmens begnügen.
    Vielmehr muss der Betriebsrat sagen, für welche konkreten Überwachungsaufgaben er die verlangten Auskünfte benötigt.

  • Ist nach diesen Grundsätzen ein Auskunftsanspruch des Betriebsrats gegeben, ist die Weitergabe von Arbeitnehmerdaten nach § 26 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes ebenfalls erforderlich und damit zulässig.

  • Die Weitergabe der Arbeitnehmerdaten ist dann nicht von der vorherigen Einwilligung der Arbeitnehmer abhängig. Die Arbeitnehmer können der Datenübermittlung an den Betriebsrat auch nicht nach Artikel 21 Absatz 1 der Datenschutzgrundverordnung widersprechen.
    Das Widerspruchsrecht nach Artikel 21 DS-GVO besteht nur bei einer Verarbeitung "normaler" personenbezogener Daten nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben e + f, nicht aber bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne von Artikel 9 DS-GVO.

  • Verlangt der Betriebsrat (wie im entschiedenen Fall) die Mitteilung sensitiver Daten, muss er außerdem darlegen, welche Schutzmaßnahmen er zur Datensicherheit getroffen hat.

    Diese Schutzpflicht hat der Betriebsrat laut Bundesarbeitsgericht unabhängig von der nach wie vor umstrittenen Frage, ob er selbst verantwortliche Stelle im Sinne der Datenschutzgrundverordnung ist.
    Hat der Betriebsrat keine Schutzmaßnahmen ergriffen, hat er auch keinen Auskunftsanspruch.

    Bezogen auf die Qualität der Schutzmaßnahmen orientiert das Bundesarbeitsgericht sich an § 22 Absatz 2 Bundesdatenschutzgesetz. Zwar sei bei den in § 22 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 10 Bundesdatenschutzgesetz genannten Maßnahmen zweifelhaft, ob der Betriebsrat sie überhaupt ergreifen könne. Der Betriebsrat müsse aber gewährleisten, dass er bei einer Verarbeitung sensitiver Daten das Vertraulichkeitsinteresse der Betroffenen strikt achtet und Vorkehrungen trifft, die bei wertender Betrachtung den in § 22 Absatz 2 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz genannten Kriterien entsprechen. Beispielhaft verweist das Bundesarbeitsgericht auf das sichere Verschließen von Daten, begrenzte Zugriffsmöglichkeiten (auch innerhalb des BR), die Datenlöschung nach Beendigung der Überwachungsaufgabe. 

    Ohne die Einrichtung und Sicherstellung solcher Schutzmaßnahmen haben Betriebsräte künftig keinen Auskunftsanspruch mehr, selbst wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Wenn Sie Fragen hierzu haben, melden Sie sich bitte.

 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

  • Erstellt am .