Skip to main content

3 Kardinalfehler bei Gratifikationen

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in seiner kürzlich im Volltext veröffentlichten Entscheidung vom 08.08.2018 (Az: 4 Sa 433/17) drei Kardinalfehler in einer arbeitsvertraglichen Gratifikationsregelung offengelegt, wie sie leider immer noch vorkommen.

Die Klausel lautete (auszugsweise):
Der Arbeitnehmer erhält eine jährliche Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatslohnes, bezogen auf den sich aus der 40-Stunden-Woche ergebenden Monatslohn. Diese Gratifikation ist jeweils zusammen mit dem Lohn für den Monat November eines Kalenderjahres zahlbar.
………

Die Zahlung von Gratifikationen, Prämien oder sonstigen Vergütungen erfolgt freiwillig und unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Auch durch mehrmalige Zahlungen wird ein Rechtsanspruch für die Zukunft nicht begründet.
 
In der Folgezeit erhielten die Arbeitnehmer aufgrund wirtschaftlicher Umstände nur zwischen 50 % und 90 % eines Monatsgehalts als Weihnachtsgeld.
 
Dagegen zog einer der betroffenen Arbeitnehmer vor Gericht.
 
Dort bekam der Arbeitnehmer recht. Der Arbeitgeber hatte nämlich schon bei der Formulierung der Klausel drei Kardinalfehler gemacht:

  1. Kardinalfehler
    Der Freiwilligkeitsvorbehalt (der dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben sollte, jährlich über das Weihnachtsgeld und dessen Höhe zu entscheiden) ist schon deshalb unwirksam, weil es nicht angeht, einem Arbeitnehmer zunächst eine verbindliche Zusage zu machen (der Arbeitnehmer erhält eine jährliche Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatslohnes ….), die man dann im weiteren Verlauf des Vertragstextes relativiert.

  2. Kardinalfehler:
    Zum Scheitern verurteilt war die Klausel auch deshalb, weil der Arbeitgeber Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt miteinander kombiniert hat. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sind nach ständiger Rechtsprechung aber zwei verschiedene paar Schuhe, die man auseinanderhalten muss. Tut man das nicht, ist die Klausel intransparent und damit ebenfalls unwirksam.

  3. Kardinalfehler:
    Unabhängig davon, dass aus den gerade genannten Gründen weder ein Freiwilligkeits- noch ein Widerrufsvorbehalt wirksam vereinbart worden war, scheiterte der Widerrufsvorbehalt außerdem daran, dass die Widerrufsgründe nicht zumindest richtungsweisend in der Klausel angegeben wurden, was nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls zur Unwirksamkeit führt.

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber daher so gut wie alles falsch gemacht, was man bei Gratifikationen schon im Grundsatz nur falsch machen kann.
 
Nachdem der Arbeitgeber das erkannt hatte, versuchte er sich damit zu retten, dass dem Arbeitnehmer ja schon seit etlichen Jahren ein geringeres Weihnachtsgeld gezahlt worden sei, ohne dass der Arbeitnehmer gemeckert habe. In juristische Worte gepackt, stellte der Arbeitgeber sich also auf den Standpunkt, dass durch das „Nicht-Meckern“ eine Vertragsänderung herbeigeführt worden sei, in deren Folge der Arbeitnehmer nur ein geringeres Weihnachtsgeld beanspruchen könne.
Auch mit dieser Argumentation hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg. Schweigen stellt nämlich in der Regel keine Willenserklärung dar. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen das Änderungsangebot für den Arbeitnehmer nachteilig ist.
 
Eigentlich wiederholt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit diesem Urteil nur althergebrachte Grundsätze. Da solche Klauseln aber immer noch in der Welt sind, wollten wir das Thema noch einmal aufgreifen.

Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, helfen wir Ihnen gerne. 

 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß 

 

 

 

  • Erstellt am .