Skip to main content

Kein BEM vor einer krankheitsbedingten Versetzung

In unserem Newsticker hatten wir bereits die Pressemitteilung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.2016 gepostet, wonach Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, vor einer krankheitsbedingten Versetzung ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) zu machen.

Nun liegt das Urteil vom 18.10.2017 (Az.: 10 AZR 47/17) im Volltext vor. Daher wissen wir jetzt, woran das Bundesarbeitsgericht die Klage des Arbeitnehmers, der sich gegen seine Versetzung gewandt hatte, weil kein BEM durchgeführt worden war, scheitern ließ:

  • Ein BEM vor einer Versetzung ist nicht alleine deshalb erforderlich, weil § 84 Abs. 2 SGB IX von Arbeitsplatzspricht. Bei dem in § 84 Abs. 2 SGB IX verwandten Wort Arbeitsplatzhandelt es sich laut Bundesarbeitsgericht nämlich um einen offensichtlichen Redaktionsfehler des Gesetzgebers.
  • Es würde dem in § 84 Abs. 2 SGB IX zum Ausdruck kommenden Präventionsgedanken widersprechen, wenn man eine aus gesundheitlichen Gründen gebotene Versetzung, die auch im Übrigen billigem Ermessen entspricht, an einem nicht durchgeführten BEM scheitern ließe.
  • Prüfungsmaßstab für die Versetzung ist allein § 106 der Gewerbeordnung, insbesondere das darin geforderte billige Ermessen.
    Nur im Rahmen des billigen Ermessens sind daher auch die Umstände zu überprüfen, die einer Versetzung entgegenstehen könnten.

Daraus folgt:
Sie sind nicht verpflichtet, ein BEM durchzuführen, bevor Sie einen Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen versetzen.
Ein vorher durchgeführtes BEM könnte Ihnen allerdings bei der Ausübung billigen Ermessens helfen, denn dann kennen Sie ja bereits vor der Versetzung alle Umstände, die beim billigen Ermessen eine Rolle spielen können.
Wenn Sie bei Ihrer Versetzungsentscheidung maximale Rechtssicherheit haben möchten, kann ein BEM daher in dem einen oder anderen Fall sinnvoll sein.

Bei der Gelegenheit hat das Bundesarbeitsgericht außerdem noch einige grundsätzliche Ausführungen zum BEM gemacht.

Die wichtigste davon lautet:

Ein BEM ist nicht erst dann erforderlich, wenn der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen beenden möchte.
Die Pflicht zum BEM besteht vielmehr immer dann, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt krank gewesen ist. Auch wenn Sie noch lange nicht über eine krankheitsbedingte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nachdenken, sind Sie daher verpflichtet, ein BEM durchzuführen. Denn Ziel des BEM ist es ja gerade, eine krankheitsbedingte Kündigung von Arbeitnehmern nach Möglichkeit zu vermeiden. Und je früher man damit anfängt, desto besser ist es für beide Seiten.

  • Erstellt am .