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Wann sind Umkleidezeiten Arbeitszeit?

Das Bundesarbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein haben die Rechtsprechung zu der Frage, wann Umkleidezeiten = Arbeitszeiten sind, weiter konkretisiert.

Was bisher geschah:

Bereits entschieden wurde, dass Umkleidezeiten in folgenden Fällen = Arbeitszeit sind:

  • Der Arbeitgeber verlangt Arbeitskleidung und verpflichtet die Arbeitnehmer, die Arbeitskleidung im Betrieb an- und abzulegen.
  • Der Arbeitgeber erlaubt dem Arbeitnehmer zwar, die von ihm verlangte Arbeitskleidung zu Hause an- und abzulegen, dem Arbeitnehmer ist es aber nicht zuzumuten, mit der Arbeitskleidung in der Öffentlichkeit herum zu laufen. Zieht der Arbeitnehmer sich daher erst im Betrieb um, ist das Arbeitszeit. Trägt er die Arbeitskleidung trotzdem auf dem Weg zur Arbeit und wieder zurück, ist es keine Arbeitszeit.

Probleme bereitet nach wie vor die Frage, wann das Tragen von Dienstkleidung in der Öffentlichkeit zumutbar ist und wann nicht.
Schon entschieden ist, dass die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist, wenn die Dienstkleidung aufgrund eines Logos o.ä. einem bestimmten Arbeitgeber zugeordnet werden kann.

Aber was ist, wenn es sich um Kleidung handelt, die keinem bestimmten Arbeitgeber, sondern nur einer bestimmten Branche zugeordnet werden kann?

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht in seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 06.09.2017 (Az.: 5 AZR 382/16) jetzt entschieden, dass Arbeitnehmer auch keine Dienstkleidung in der Öffentlichkeit tragen müssen, die gemeinhin einer bestimmten Branche zugeschrieben wird.
Im konkreten Fall ging es um die weiße Kleidung (weiße Hosen und weiße Oberteile) von Pflegekräften, zu der das Bundesarbeitsgericht wörtlich sagt:

„Zwar kann der Arbeitnehmer bei einer ausschließlich in weißer Farbe gehaltenen Kleidung nicht ohne Weiteres einem bestimmten Arbeitgeber zugeordnet werden. Um eine besonders auffällige Dienstkleidung handelt es sich jedoch auch, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Branche in Verbindung gebracht wird. An einer solchen Offenlegung seiner beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein eigenes Interesse. Für die Zuordnung zu einer Branche beziehungsweise einem Berufszweig ist ohne Bedeutung, ob die Dienstkleidung in dezenten oder auffälligen Farben gehalten ist.“

Wenn sich Pflegekräfte, Ärzte oder sonstiges Krankenhauspersonal, das Weiß tragen soll, nicht zu Hause, sondern im Betrieb umziehen möchten, ist das also Arbeitszeit und daher grundsätzlich auch als Arbeitszeit zu vergüten.

Eine Frage der Zumutbarkeit kann sich auch daraus ergeben, dass Arbeitskleidung durch die Arbeit verschmutzt. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 4.12.2017 (Az.: 1 Sa 301/17) entschieden: Wenn die Arbeitskleidung nach dem Arbeitsende dermaßen verschmutzt ist, dass dem Arbeitnehmer dem Heimweg mit dieser Kleidung schlechterdings unzumutbar ist, ist das Umziehen im Betrieb ebenfalls Arbeitszeit (so auch schon das Landesarbeitsgericht Hessen in seinem Urlaub vom 23.11.2015 [Az: 16 Sa 439/15]).

Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein auch gesagt, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, den hohen Verschmutzungsgrad im Streitfall darzulegen und zu beweisen. An den Grad der Verschmutzung werden vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein ebenfalls hohe Anforderungen gestellt. Außerdem muss die Verschmutzung arbeitsbedingt sein.

Wenn Sie das Umkleiden bezahlen müssen, weil es den Arbeitnehmern nicht zuzumuten ist, die Dienstkleidung auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause zu tragen, haben Sie bei der Höhe der Vergütung Spielräume, die Sie jedoch vereinbaren müssen.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien fröhliche Ostern.

Bettina Steinberg         Dr. Mona Geringhoff         Lydia Voß

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