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BAG brandaktuell: Trotz fehlender Arbeitszeiterfassung bleibt in Überstundenprozessen erstmal alles beim Alten

Der Aufschrei war groß, als der Europäische Gerichtshof im Mai 2019 urteilte, dass Arbeitgeber verpflichtet werden müssen, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten zu erfassen, und zwar durch ein objektives, verlässliches und zugängliches System.

Da das deutsche Arbeitszeitgesetz keine umfassende Aufzeichnungspflicht kennt, entbrannten bald danach Diskussionen darüber, ob diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch ohne Änderung des Arbeitszeitgesetzes Auswirkungen auf Deutschland hat.

Das Arbeitsgericht Emden beantwortete diese Frage in puncto Vergütung in mehreren Urteilen mit "Ja" und veränderte die Darlegungs- und Beweislast in Überstundenprozessen zu Lasten der Arbeitgeber.

Die nächste Instanz, das Landesarbeitsgericht Niedersachsen kippte die Urteile und entschied:

Das Urteil des EuGH hat keine Aussagekraft für die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess im Hinblick auf die Frage der Anordnung, Duldung oder Betriebsnotwendigkeit von Überstunden!

Unseren Newsletter vom 28.05.2021 können Sie hier noch einmal nachlesen.

Heute stand in diesem Verfahren die Revisionsentscheidung des Bundesarbeitsgerichts an.

Arbeitgeber dürfen sich freuen!

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen. Fehlende Arbeitsaufzeichnungen führen also nicht dazu, dass sich die Darlegungs- und Beweislast bei Überstundenprozessen zu Lasten der Arbeitgeber verschiebt.
In der heutigen Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts heißt es auszugsweise:

"Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken ist. Diese ist zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränken sich diese Bestimmungen darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, [...] Sie finden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit hat deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess [...]

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