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Ab heute in Kraft: Verbesserungen im Elternzeit- und Elterngeldrecht

Für ab heute geborene Kinder bzw. deren Eltern gilt das neue Elternzeit- und Elterngeldrecht. Wir hatten bereits in unserem Newsletter vom 18.02.2021 auf die wichtigsten Änderungen aufmerksam gemacht, die heute in Kraft treten. Einen Überblick über die Neuerungen können Sie sich auf der aktuellen Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) verschaffen, auf der Sie hier umfassende Informationen sowie aktualisierte Broschüren abrufen können.
 
Wir möchten dies gerne zum Anlass nehmen, auf eine sonst wenig beachtete Neuerung hinzuweisen: Die neuen Anrechnungsvorschriften zu Entgeltersatzleistungen.
Im Allgemeinen wenig bekannt ist nämlich die Anrechnungsvorschrift des § 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), nach der bestimmte Einnahmen wie z. B. Krankengeld oder ALG I auf das Elterngeld angerechnet werden und dieses mindern – bis zu einem Sockelbetrag von € 300,00 (bzw. € 150,00 beim Bezug von ElterngeldPlus). Besonders interessant sind die Anrechnungsregeln, wenn nach der Geburt des Kindes in Teilzeit gearbeitet wird:
 
Was bisher galt:
Zur bisherigen Rechtslage verweisen wir exemplarisch auf ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: B 10 EG 3/20 R), dem (stark vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Eine vor der Geburt in Vollzeit berufstätige Mutter nahm einige Monate nach der Geburt des Kindes ihre Tätigkeit in Teilzeit wieder auf. Sie bezog vor dem Beginn der Teilzeittätigkeit Basiselterngeld und sodann ElterngeldPlus. Dann erkrankte sie und erhielt nach Ablauf des Lohnfortzahlungszeitraums Krankengeld. Das hatte zur Folge, dass ihr ElterngeldPlus von vormals € 830,00  pro Monat auf den Sockelbetrag von € 150,00 schrumpfte. Der Grund: Das Krankengeld wurde auf das Elterngeld angerechnet. Die Mutter fand das ungerecht, weil sie meinte, sie sei durch diese Anrechnung „doppelt bestraft“: Das Krankengeld ersetze ihr (Teilzeit-)einkommen, das durch die Erkrankung entfallen sei. Durch die Anrechnung auf das Elterngeld falle auch dieses als zweite existenzsichernde Säule weg. Eine solche Vermischung von Elterngeld und Krankengeld könne nicht gewollt sein, weil der so erzeugte Gesamteinkommensausfall über das eigene Risiko der weiteren Arbeitsfähigkeit weit hinausgehe. Die Anrechnung nehme ihr außerdem im Ergebnis „verdientes“ Elterngeld weg, das sie durch ihre vorgeburtliche Erwerbstätigkeit erworben habe. Schließlich sei es unbillig, sie als Bezieherin von ElterngeldPlus gegenüber Beziehern von Basiselterngeld zu benachteiligen: Denn übten diese gar keine Erwerbstätigkeit während des Bezugs von Elterngeld aus, könnten sie kein anrechenbares Krankengeld beanspruchen und stünden trotz fehlender Erwerbsfähigkeit finanziell wesentlich besser da.
 
Erstinstanzlich bekam die Mutter noch Recht, aber sowohl das Landessozialgericht als auch das Bundessozialgericht erteilten ihrer Argumentation eine klare Absage. Sehr ausführlich ist in der Urteilsbegründung nachzulesen, dass und warum die bisherige Anrechnungsregel nicht zu beanstanden ist, mit der die Doppelzahlung von Entgeltersatzleistungen (hier: Elterngeld und Krankengeld) vermieden werden soll. Beide Leistungen dienten der Sicherung der Lebensunterhaltes und seien daher (bis auf den Sockelbetrag) zweckidentisch. Es gehe nicht um den vollständigen Ersatz von Einkommensverlusten, um den bisherigen Lebensstandard der Familie zu erhalten, sondern um die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz junger Eltern. Die ab dem 01.09.2021 in Kraft tretenden Änderungen seien rein zukunftsorientierte Regelungen, die keine Rückwirkung entfalten. Auch verfassungsrechtlich seien die Regelungen des bisherigen Elterngeldrechts nicht zu beanstanden.
 
Die Betroffene hätte sich im Übrigen - darauf wies das Gericht ebenfalls hin - mit einer Antragsänderung nach § 7 BEEG vor den nachteiligen Folgen der Anrechnung zum Teil schützen können. Das hatte sie versäumt.
 
Fazit für alle Elterngeldbezieher:innen, deren Kinder vor dem 01.09.2021 geboren sind:
Sobald absehbar ist, dass während einer Teilzeittätigkeit in Verbindung mit dem Bezug von Elterngeld(Plus) Entgeltersatzleistungen beansprucht werden können, sollten Betroffene Kontakt zu der für Sie zuständigen Elterngeldstelle aufnehmen, um sich zu den Auswirkungen und Gestaltungsmöglichkeiten beraten zu lassen. Andernfalls besteht das Risiko erheblicher finanzieller Einbußen durch die dargestellten Anrechnungsvorschriften.
 
 
Das ist neu:
Aus Anlass der Corona-Pandemie hat es bereits Änderungen im Elterngeldrecht gegeben, nach denen der pandemiebedingte Bezug von Entgeltersatzleistungen bis zum 31.12.2021 von der Anrechnung auf das Elterngeld ausgenommen wird (§ 27 Abs. 4 BEEG). Diese befristete Sonderregelung gilt nun dauerhaft für Entgeltersatzleistungen (auch nicht pandemiebedingte, wie z. B. das Krankengeld), die während einer Teilzeit in Elternzeit gewährt werden. Nach der neuen Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 4 BEEG bleibt das ElterngeldPlus in der Regel so hoch, wie es gewesen wäre, wenn planmäßig in Teilzeit weitergearbeitet worden wäre. Für betroffene Eltern ist das eine sehr deutliche Verbesserung.
 
Aber Achtung: Ob die „alten“ oder „neuen“ Anrechnungsvorschriften gelten, richtet sich nach dem Geburtstag des Kindes (vor dem 01.09.2021 oder ab dem 01.09.2021). Bis die Neuerungen in der Praxis ihre Wirkung entfalten können, dauert es also noch …

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