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Urlaubskürzung bei anteiliger Kurzarbeit

Das "kleine" Arbeitsgericht Osnabrück hat kürzlich eine Entscheidung verkündet, die nun in aller Munde ist und die wir Ihnen daher nicht vorenthalten wollen.

Dabei geht es um die Kürzung des Urlaubsanspruchs bei anteiliger Kurzarbeit.

Die Pressemitteilung zur Entscheidung vom 08.06.2021 mit dem Aktenzeichen 3 Ca 108/21 finden Sie hier.
 
Das Arbeitsgericht Osnabrück verneint in seiner Entscheidung ein arbeitgeberseitiges Recht zur Urlaubskürzung, sofern keine Kurzarbeit Null, sondern „nur“ eine tageweise Kurzarbeit zugrunde liegt. 
 
Zur Begründung führen die Richter aus, dass durch die tageweise Gewährung von Kurzarbeit keine dem Erholungsurlaub ähnliche Situation vorgelegen habe. Dies insbesondere deshalb, weil dem Arbeitgeber im konkreten Fall das Recht oblag, die Kurzarbeit kurzfristig anzuordnen, zu reduzieren oder vorzeitig zu beenden. In einer solchen Situation könne kein Erholungseffekt eintreten, der einer urlaubsähnlichen Situation gleiche, so dass ein Recht zur Urlaubskürzung nicht bestehe.
 
Eine mit der Tätigkeit von Teilzeitbeschäftigten vergleichbare Situation sieht das Arbeitsgericht Osnabrück auch deshalb nicht, weil sich Teilzeitbeschäftigte (nach Ansicht des Osnabrücker Gerichts) nicht nur an den freien Tagen erholen können, sondern diese Erholung auch weit im Voraus planbar sei. Die kurze Ankündigungsfrist mache es den Beschäftigten in Kurzarbeit aber unmöglich, sich an den freien Tagen zu erholen.

Im Wortlaut heißt es in der Entscheidung des Arbeitsgericht Osnabrück:
 
„Wegen der Durchführung von Kurzarbeit nur an einzelnen Tagen statt Kurzarbeit „Null" sowie der kurzfristigen Einführung als auch der vorliegenden Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung oder Reduzierung der durchgeführten Kurzarbeit mit einer Ansagefrist von 2 Werktagen sieht das Arbeitsgericht es deshalb als verfehlt an, einer derartigen Kurzarbeit die gleiche Rechtswirkung zuzusprechen, wie bei einem länger andauernden Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Unter Berücksichtigung der im Betrieb der Beklagten vereinbarten Betriebsvereinbarung zur Regelung von Kurzarbeit kann weder davon gesprochen werden, dass bei derartiger Kurzarbeit der Arbeitnehmer dadurch seinen Erholungsurlaub bereits anteilig quasi realisiert hat oder in der Lage ist einen entsprechenden Erholungsurlaub anteilig zu realisieren.“
 
Diese Begründung des Gerichts überzeugt allerdings nicht. 
 
Die Argumentation wäre nur dann schlüssig, wenn die Kürzung des Urlaubsanspruchs grundsätzlich mit dem Argument gerechtfertigt würde, dass die freien Tage als Urlaubstage gelten. Das ist aber nicht die Überlegung, die hinter dem reduzierten Urlaubsanspruch steckt (zumal viele Beschäftigte in Teilzeit auch [zu Recht] abstreiten würden, an den „freien“ Tagen Urlaub zu machen). 
Der Urlaubsanspruch, den ein Arbeitgeber gewähren muss, steht immer in Relation zu den Arbeitstagen, die er selbst einfordert. Er kann – umgekehrterweise – nicht davon abhängig sein, ob sich die Beschäftigten an den Tagen, an denen sie nicht für den Arbeitgeber tätig werden, erholen.
 
Legt man die Maßstäbe der EuGH- und BAG-Rechtsprechung zugrunde, ergibt sich vielmehr Folgendes:
 
Durch die tageweise Anordnung von Kurzarbeit reduzieren sich die Tage mit Arbeitspflicht. Dadurch benötigen Arbeitnehmer*innen weniger Zeit, um sich von der tatsächlich geleisteten Arbeit zu erholen. Eine Kürzung des Urlaubs ist deshalb zulässig und vollkommen unabhängig von der Frage, was die Beschäftigten an den Tagen tun, an denen sie nicht für den Arbeitgeber tätig werden.
 
Hinzu kommt, dass auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts Osnabrück zur Planbarkeit der Teilzeitarbeit an der Realität vorbeigehen. Das Gericht verkennt, dass viele Beschäftigte in Teilzeit eben nicht Wochen oder Monate im Voraus wissen, wann der Arbeitgeber sie einsetzen wird. So sieht § 12 TzBfG im Falle des s.g. Abrufarbeitsverhältnisses eine gesetzliche Ankündigungsfrist von nur vier Tagen vor, kaum mehr also, als in der beim Arbeitsgericht Osnabrück streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung über die Kurzarbeit. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Beschäftigung auf Abruf um ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit reduziertem Urlaubsanspruch handelt.
 
Wir hoffen, dass der Arbeitgeber gegen die Entscheidung Rechtmittel eingelegt hat; haben dazu aber noch keine Informationen finden können. Natürlich halten wir Sie auf dem Laufenden!
 
Bis dahin sollten Sie die Entscheidung als „Verirrung“ abtun und hoffen, dass es zeitnah andere Gerichte gibt, die dem Arbeitsgericht Osnabrück widersprechen.

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