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Wann dürfen Arbeitgeber Nebentätigkeiten verbieten? - Nicht nur in Zeiten von Kurzarbeit eine interessante Frage

In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 19.12.2019 (Az.: 6 AZR 23/19) hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage befasst, wann Arbeitgeber Nebentätigkeiten verbieten dürfen, weil sie betriebliche Interessen beeinträchtigen.
Wir möchten diese Entscheidung gerne zum Anlass nehmen, uns etwas grundsätzlicher mit der Zulässigkeit von Nebentätigkeiten zu befassen.

Was ist in Bezug auf Nebentätigkeiten gesetzlich geregelt?

Der Arbeitnehmer ist dem Arbeitgeber gegenüber "nur" verpflichtet, seine Arbeitskraft während der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus steht es dem Arbeitnehmer grundsätzlich frei, seine Arbeitskraft anderweitig einzusetzen. Das folgt aus der grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit, die in Art. 12 unseres Grundgesetzes steht.

Die Ausübung einer Nebentätigkeit außerhalb der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit ist dem Arbeitnehmer aber dann verboten, wenn

  • gesetzliche Verbote greifen oder
  • berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden.

Verstößt die Nebentätigkeit nicht gegen gesetzliche Bestimmungen und beeinträchtigt sie auch nicht berechtigte Interessen des Arbeitgebers, darf die Nebentätigkeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers ausgeübt werden.

Oder anders gesagt: Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nur erforderlich, wenn ein solcher Erlaubnisvorbehalt arbeits- oder tarifvertraglich vorgesehen ist.
Aber Achtung: Ein Erlaubnisvorbehalt, der dem Arbeitgeber die Möglichkeit gibt, Nebentätigkeiten unabhängig davon zu untersagen, ob sie gegen gesetzliche Verbote oder seine berechtigten Interessen verstoßen, wäre unwirksam.
Hierauf ist bei der Vertragsgestaltung unbedingt zu achten.

Gesetzliche Schranken für Nebentätigkeiten

Die Ausübung einer Nebentätigkeit ist in folgenden Fällen unzulässig:

  • Die Nebentätigkeit führt dazu, dass die im Arbeitszeitgesetz verankerten höchstzulässigen Arbeitszeiten überschritten werden.
    Hierüber hatten wir in unserem Newsletter vom 04.08.2020 ausführlich berichtet.
  • Die Nebentätigkeit erfolgt in Schwarzarbeit, denn Schwarzarbeit ist verboten.
  • Mit der Nebentätigkeit tritt der Arbeitnehmer in Wettbewerb zum Hauptarbeitgeber. Aber Achtung: Bloße Hilfstätigkeiten für Wettbewerbsunternehmen sind erlaubt.
  • Nebentätigkeiten während des Urlaubs, die den Erholungszweck gefährden, vgl. § 8 des Bundesurlaubsgesetzes.
  • Der Arbeitnehmer übt während einer Arbeitsunfähigkeit eine Tätigkeit aus, die den Genesungsprozess gefährdet bzw. verzögert.

Beeinträchtigung betrieblicher Interessen

Eine Nebentätigkeit ist auch dann verboten, wenn sie berechtigte betriebliche Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt. Auch für dieses Verbot gibt es eine gesetzliche Grundlage, nämlich die allgemeine Treu- und Rücksichtnahmepflicht von Arbeitnehmern aus § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Aber was heißt das genau?

In seinem Urteil vom 19.12.2019 (Az.: 6 AZR 23/19) hat das Bundesarbeitsgericht hierauf folgende Antworten gegeben:

  • Berechtigte Interessen des Arbeitgebers sind verletzt, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsleistung unmittelbar unter der Nebentätigkeit leidet.
  • Berechtigte Interessen des Arbeitgebers sind auch dann betroffen, wenn sich die Nebentätigkeit negativ auf die Wahrnehmung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit auswirkt. Ob eine Nebentätigkeit zulässig ist oder nicht, beurteilt sich daher außerdem nach folgenden Kriterien:
    - Verhältnis des Arbeitgebers zu anderen Beschäftigten,
    - Verhältnis des Arbeitgebers zu Geschäfts- und Vertragspartnern,
    - Öffentliches Erscheinungsbild des Arbeitgebers,
    - Auftreten des Arbeitgebers gegenüber Dritten (insbesondere Kunden).
  • Die Nebentätigkeit muss objektiv geeignet sein, die Arbeitgeberinteressen in dem zuvor beschriebenen Sinne zu beeinträchtigen. Hierfür genügt laut Bundesarbeitsgericht die nicht fernliegende, objektiv nachvollziehbare Gefahr einer Beeinträchtigung berechtigter Arbeitgeberinteressen.
  • Da die Berufsausübungsfreiheit von Arbeitnehmern ein hohes Gut ist, müssen die wechselseitigen Interessen immer im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden.
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