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Neu: BAG stärkt die Rechte von Arbeitgebern beim Annahmeverzug

In jedem Unternehmen werden Kündigungen ausgesprochen, bei denen man nicht sicher sein kann, ob sie einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Scheitert eine vergleichsweise Einigung mit dem gekündigten Arbeitnehmer, droht dem Unternehmen der sogenannte Annahmeverzug. Hinter dem Annahmeverzug steht die grundsätzliche Pflicht von Unternehmen, dem Arbeitnehmer die nach Ablauf der Kündigungsfrist aufgelaufenen Vergütungsansprüche zahlen zu müssen, wenn der Kündigungsschutzprozess rechtskräftig verloren geht.

„Erleichterungen“ kann § 11 des Kündigungsschutzgesetzes schaffen. In § 11 des Kündigungsschutzgesetzes heißt es:
 
„Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,
1. was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
2. was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
3. was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.“

 
§ 11 Nr. 2 des Kündigungsschutzgesetzes (das Unterlassen anderweitigen Erwerbs) war für Unternehmen bislang ein stumpfes Schwert.
 
Bislang hat das Bundesarbeitsgericht sich nämlich auf den Standpunkt gestellt: Arbeitnehmer handeln nicht böswillig, wenn sie Vermittlungsangebote der Arbeitsagentur nicht in Anspruch nehmen. Das Bundesarbeitsgericht ging sogar noch einen Schritt weiter: Arbeitnehmer seien noch nicht einmal verpflichtet, sich überhaupt arbeitssuchend zu melden.
 
Damit ist jetzt Schluss.
In seiner gerade veröffentlichten Entscheidung vom 27.05.2020 (Az.: 5 AZR 387/19) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden:

  • Arbeitnehmer sind nicht nur „sozialrechtlich“, sondern auch unter dem Blickwinkel des Annahmeverzugs verpflichtet, sich arbeitssuchend zu melden. 
  • Arbeitnehmer, die Annahmeverzugslohnansprüche geltend machen, müssen dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsplatzangebote sie im fraglichen Zeitraum durch die Arbeitsagentur bzw. das Jobcenter erhalten haben, und zwar unter Benennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit, des Arbeitsorts sowie der Höhe der Vergütung. 
  • Arbeitgeber müssen diesen Auskunftsanspruch im „Gehaltsprozess“ nicht über eine Widerklage geltend machen. Vielmehr muss der Arbeitnehmer die Auskunft schon dann erteilen, wenn der Arbeitgeber sich in seiner Klageerwiderung hierauf beruft. 
  • Der Arbeitnehmer muss die Auskunft in Textform erteilen. 
  • Nach erteilter Auskunft ist es Sache des Arbeitgebers ggfs. vorzutragen, dass es Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur bzw. des Jobcenters gab, die dem Arbeitnehmer zumutbar waren und die er deshalb böswillig ausgeschlagen hat und damit anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen hat.

Wir können nur allen Unternehmen raten, sich auf diesen Auskunftsanspruch zu berufen, wann immer es um Annahmeverzugslohnansprüche aufgrund unwirksamer Kündigungen geht.

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