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Passend zur Urlaubszeit: Neues vom EuGH und BAG zum Thema Urlaub

Wenn Sie unsere bisherigen Newsletter verfolgt haben, wissen Sie:

  • Es gibt einen neuen Grundsatz der da lautet: "Ohne Arbeit kein Urlaub".
  • Arbeitgeber müssen neuerdings bei der Urlaubsgewährung initiativ werden, da anderenfalls der Urlaub nicht mehr verfällt.

Zu beiden Grundsätzen gibt es neue Entscheidungen.


1. Die ersten Entscheidungen betreffen den Grundsatz "ohne Arbeit kein Urlaub" bzw. eine Ausnahme von diesem Grundsatz.

In zwei Urteilen vom 25.06.2020 (Az.: C-762/18 sowie C-37/19) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass einem rechtswidrig entlassenen Arbeitnehmer Urlaubsansprüche auch für die Zeit zwischen seiner Entlassung und seiner Weiterbeschäftigung zustehen.

Die Begründung des Europäischen Gerichtshofs lautet: In Fällen der rechtswidrigen Kündigung beruht die "Nicht-Arbeit" auf einer rechtswidrigen Handlung des Arbeitgebers; hätte der Arbeitgeber sich rechtmäßig verhalten, hätte der Arbeitnehmer Urlaub nehmen können.

Im Ergebnis ebenso hat das Bundesarbeitsgericht für Deutschland schon in seiner Entscheidung vom 19.02.2019 (Az.: 9 AZR 321/16) geurteilt.

Die wichtigsten Fälle von "Nicht-Arbeit" und Urlaubsansprüchen haben wir in der nachfolgenden Übersicht für Sie zusammengefasst:

Sabbatical (unbezahlter Sonderurlaub)
Entstehung des Urlaubs: Nein

Freistellungsphase der Altersteilzeit
Entstehung des Urlaubs: Nein

Pflegezeit
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich, § 4 PflegeZG: Kürzung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat

Elternzeit
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich, § 17 BEEG: Kürzung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat

Mutterschutz
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich: Nein

Beschäftigungsverbot
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich: Nein

Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich: Nein, aber vertragliche Beschränkungen beim Mehrurlaub möglich

Urlaub
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich: Nein

Kurzarbeit
Entstehung des Urlaubs: Ja, wenn Teilzeit. Nein, wenn Kurzarbeit 0
Kürzung des Urlaubs möglich: Ja

Zeitraum zwischen rechtswidriger Kündigung und Weiterbeschäftigung
Entstehung des Urlaubs: Ja
Kürzung des Urlaubs möglich: Nein


2. Die anderen Entscheidungen, von denen wir heute berichten möchten, sind vom Bundesarbeitsgericht und betreffen folgende Frage:

Müssen Arbeitgeber auch langzeiterkrankte Arbeitnehmer über bestehende Urlaubsansprüche informieren und diese auffordern, diesen Urlaub zu nehmen? Oder verfällt der Urlaub langzeiterkrankter Arbeitnehmer auch ohne diese Belehrung innerhalb der bei Langzeiterkrankungen geltenden 15-monatigen Verfallfrist?

Die Meinung der Landesarbeitsgerichte hierüber ist geteilt.

Während die Landesarbeitsgerichte Hamm und Rheinland-Pfalz eine entsprechende Belehrung von langzeiterkrankten Arbeitnehmern für sinnlos halten (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019, Az.: 5 Sa 676/19 sowie LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020, Az.: 7 Sa 284/19) entschied das Arbeitsgericht Berlin, dass die Belehrungspflicht grundsätzlich auch während einer Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmern besteht. Das Bundesarbeitsgericht möchte die Frage nicht ohne den Europäischen Gerichtshof entscheiden.

Das Bundesarbeitsgericht hat den Europäischen Gerichtshof durch zwei Vorlagebeschlüsse vom 07.07.2020 (Az.: 9 AZR 401/19 sowie 9 AZR 245/19) daher gebeten, diese Frage zu klären.

Hier ist das letzte Wort also noch nicht gesprochen.

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