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Vorsicht Falle bei der Befristung ohne sachlichen Grund: Vertragsklauseln, mit denen der Arbeitnehmer bestätigen soll, dass es keine "Zuvor-Beschäftigung" beim Arbeitgeber gab, sollen unwirksam sein!

Am 06.06.2018 entschied das Bundesverfassungsgericht:
Ein Arbeitnehmer, der ohne sachlichen Grund befristet beschäftigt werden soll, darf grundsätzlich noch nie in einem Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber gestanden haben. 

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht auch Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen. Wie Sie aus unseren bisherigen Berichterstattungen wissen, sind diese Ausnahmen jedoch rar gesät. 

Deshalb und weil viele Unternehmen die alten Beschäftigungsdaten aufgrund der neuen datenschutzrechtlichen Anforderungen gelöscht haben, sind etliche Unternehmen dazu übergegangen, sich vom Arbeitnehmer im befristeten Arbeitsvertrag bestätigen zu lassen, dass es keine "Zuvor-Beschäftigung" bei dem Arbeitgeber gab. 

Das Ziel der "Übung" ist klar: Wenn sich hinterher herausstellt, dass die arbeitsvertragliche Bestätigung falsch ist, möchten die Unternehmen den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten oder sich auf § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches ("Treu und Glauben") berufen können. 

Damit scheint nun Schluss zu sein. 

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat nämlich in seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 11.03.2020 (Az.: 4 Sa 44/19) entschieden: 

Eine Vertragsklausel, mit welcher der Arbeitnehmer bestätigen soll, dass es noch keine "Zuvor-Beschäftigung" gab, verstößt gegen § 309 Nr. 12 b) des Bürgerlichen Gesetzbuches und ist daher unwirksam. 

Da es sich um eine grundsätzliche Frage handelt, über die es noch kein höchstrichterliches Urteil gibt, haben die Baden-Württemberger Landesarbeitsrichter die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. 

Was können Sie bis zu einer Entscheidung durch das Bundesarbeitsgericht tun?

Zunächst einmal können und sollten Sie die Bewerber*innen in dem Bewerbungsgespräch nach einer Vorbeschäftigung fragen und die (verneinende) Antwort dokumentieren. Dass solche Fragen im Bewerbungsprozess zulässig sind, davon scheint auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg auszugehen, selbst wenn es in dem konkreten Fall nicht darauf ankam, weil der Arbeitgeber die Frage offenbar nicht gestellt hatte.
Da es sich bei Fragen im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs nicht um AGB handeln kann, können sie auch nicht an § 309 Nr. 12 b) des Bürgerlichen Gesetzbuches scheitern; wenn der Arbeitnehmer die Frage falsch beantwortet, wären Sie bei einer Falschauskunft des Arbeitnehmers daher wieder bei der Anfechtung oder dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Außerdem können und sollten Sie den Arbeitnehmer auch in Ihrem Einstellungs- bzw. Personalfragebogen fragen, ob er schon mal für Ihr Unternehmen tätig war. Ob eine falsche Antwort an dieser Stelle ausreicht, können wir Ihnen nicht versprechen; einen Versuch ist es aber wert!

Zusätzlich sollten Sie darüber nachdenken, die für die Beurteilung einer Vorbeschäftigung relevanten Grunddaten von Arbeitnehmer*innen (doch wieder) ausreichend lange (also mindestens 20 Jahre) zu speichern.
Unabhängig davon, ob man als Rechtsgrundlage für die fortbestehende Speicherung § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG oder Art. 6 Abs. 1 f) Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) heranzieht, ist entscheidendes Kriterium stets, ob eine Speicherung als erforderlich angesehen werden kann oder ob es dem Arbeitgeber zumutbar ist, den Bewerber nach einer Vorbeschäftigung zu fragen.
Auch wenn die Frage im Bewerbungsgespräch möglich ist, spricht für die Speicherung, dass eine Falschangabe des Bewerbers nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Vielmehr müssen Sie (wie oben gezeigt) den Vertragsschluss wegen arglistiger Täuschung anfechten; über die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung wird dann in einem arbeitsgerichtlichen Prozess gestritten werden. Wir können uns daher vorstellen, dass sich die längerfristige Speicherung der erforderlichen Daten durchaus rechtfertigen lässt. 

Sollte es eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu geben, werden wir natürlich berichten!

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