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Aktuelles zur Erstattung von Anwaltskosten und zur neuen Verzugspauschale im Arbeitsrecht

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind oft unterschiedlicher Meinung. Durch die vielen Rechtsfragen, die die Corona-Krise mit sich bringt, nehmen die Meinungsverschiedenheiten eher noch zu.
Auch Gehälter werden gerade durch die Krise oftmals nicht pünktlich gezahlt, sei es auch nur, weil dem Arbeitgeber oder dem von ihm beauftragten Payroll-Provider noch die richtige Software zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes fehlt.

Deshalb kommen zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts, die sich mit der Erstattung von Anwaltskosten in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen befassen, gerade zur rechten Zeit.

  1. Der Grundsatz des § 12a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt auch für materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche!

    Für arbeitsgerichtliche Verfahren gibt es eine spezielle Kostenregelung, die in § 12a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes steht.

    Dort heißt es:

    "In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands."

    Im Klartext besprochen heißt das:
    In arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen trägt jede Partei bis zum Abschluss der ersten Instanz ihre Anwaltskosten selbst.
    Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber vor allem Arbeitnehmer entlasten. Arbeitnehmer sollen vor die Arbeitsgerichte ziehen können, ohne Angst zu haben, dass sie die Anwaltskosten des Arbeitgebers tragen müssen, wenn ihre Klage keinen Erfolg hat.

    Da die Regelung "beidseitig" ausgestaltet ist, profitieren natürlich auch Arbeitgeber hiervon. Verlieren Arbeitgeber das Verfahren in erster Instanz, haben auch sie mit den Anwaltskosten des Arbeitnehmers nichts zu tun.

    Obwohl § 12a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes auf prozessuale Kostenerstattungsansprüche ausgerichtet ist, ist es schon lange allgemeine Auffassung, dass die Vorschrift auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche, insbesondere wegen Verzugs, erfasst. 
    In Folge dessen fallen auch Anwaltskosten, die durch vorgerichtliche oder außergerichtliche Aktivitäten von Anwälten entstehen, der anderen Seite nicht zur Last.

    In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 28.11.2019 (Az.: 8 AZR 293/18) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dieser Grundsatz für alle materiellen-rechtlichen Schadensersatzansprüche, ja sogar für Schadensersatzansprüche aus Delikt nach §§ 823, 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt.

    Offen gelassen hat das Bundesarbeitsgericht lediglich, ob ein Erstattungsanspruch dann in Betracht kommt, wenn die eine Partei die andere mit einem von vornherein offensichtlich aussichtslosen Verfahren überzieht. 

    Fazit für Sie als Arbeitgeber:
    Wenn Sie von einem Arbeitnehmeranwalt aufgefordert werden, einen Anspruch zu erfüllen, und Sie das aus welchen Gründen auch immer tun, müssen Sie die Kosten des Arbeitnehmeranwalts nicht übernehmen.
    Wir betonen das deshalb, weil wir immer wieder die Erfahrung machen, dass Arbeitnehmeranwälte ihre Kosten gegenüber dem Arbeitgeber abrechnen und viele Arbeitgeber diese Kosten unnötigerweise bezahlen.

  2. Es bleibt dabei: Die in § 288 Abs. 5 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankerte Pauschale wegen Zahlungsverzugs gilt nicht im Arbeitsrecht!

    Das Bundesarbeitsgericht hat bereits am 25.09.2018 (Az.: 8 AZR 26/18) entschieden, dass die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen § 12a Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes nicht im Arbeitsrecht gilt.
    Schon bald wurde Kritik an dieser Rechtsprechung laut und etliche Landesarbeitsgerichte haben dem Bundesarbeitsgericht die Gefolgschaft versagt.
    In seinem gerade schon besprochenen Urteil vom 28.11.2019 (Az.: 8 AZR 293/18) sowie in seiner Entscheidung vom 24.10.2019 (Az.: 8 AZR 528/18) ist das Bundesarbeitsgericht mit ausführlicher Begründung bei seiner Auffassung geblieben.

    Es bleibt also dabei: Die Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt nicht im Arbeitsrecht!
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