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Arbeitsrechtliches Update zur Corona-Krise am 26.05.2020

In der vergangenen Woche gab es vor allem eine wichtige Entscheidung:
 
Der Entschädigungsanspruch wegen Kinderbetreuung wird verlängert!

Ende März wurde durch eine Ergänzung des § 56 Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Betreuungseinrichtungen für Kinder und Schüler eingeführt. Der Entschädigungsanspruch in Höhe des vollen Verdienstausfalls, maximal in Höhe von € 2.016,00,  war auf 6 Wochen begrenzt.

Die Bundesregierung hat nun beschlossen, diesen Anspruch auf 10 Wochen pro Elternteil und 20 Wochen für Alleinerziehende auszuweiten. Neu ist auch, dass der Anspruch tageweise geltend gemacht werden kann, etwa wenn die Notbetreuung in Kitas nicht an allen Wochentagen zur Verfügung steht. Da zur Umsetzung dieser Entscheidung eine Gesetzesänderung erforderlich ist, muss der entsprechende Gesetzesentwurf noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Wie auch bei den anderen Gesetzesverfahren in Bezug auf Corona-Regelungen, ist davon auszugehen, dass dies in kürzester Zeit geschehen wird.
 
Wir möchten diese Änderung gerne zum Anlass nehmen, die konkreten Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs nach § 56 Absatz 1a IfSG noch einmal für Sie zusammen zu fassen:
 
Anspruchsvoraussetzungen

Für einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
 
1. Schließung von Schulen oder Einrichtungen zur Betreuung von Kindern

Erste Voraussetzung ist die vorübergehende Schließung von Schulen oder Betreuungseinrichtungen für Kinder. Zu Betreuungseinrichtungen gehören nicht nur Kitas, sondern auch Horte, in denen Grundschulkinder betreut werden, sowie selbst verwaltete Kinderläden.

Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nicht, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde, vgl. § 56 Absatz 1a Satz 3 IfSG. Hätte ein Hort oder eine Tageseinrichtung dagegen unter normalen Umständen auch in den Schulferien geöffnet, ist der Anspruch gegeben.
 
2. Sorgeberechtigung

Die Sorgeberechtigung des betroffenen Arbeitnehmers muss für Kinder bestehen, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind.
 
3. Verdienstausfall wegen der Betreuung

Keinen Verdienstausfall und damit keinen Entschädigungsanspruch gibt es in folgenden Fällen: 

  • Der Arbeitnehmer bekommt bereits aufgrund einer anderen Regelung (Gesetz, Tarifvertrag, (arbeits-)vertraglicher oder betrieblicher Vereinbarung) sein Gehalt weitergezahlt, obwohl er wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten kann. Zu denken ist hier insbesondere an § 616 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der eine Lohnfortzahlung bei einer Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen für eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" vorsieht. Zwar ist die Vorschrift grundsätzlich auch auf Fälle eines nicht vorhersehbaren Betreuungsbedarfs anwendbar. Aufgrund der Coronakrise dauern die Schul- und Kita-Schließungen aber lange, sodass man nicht mehr von einer „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit“ der Arbeitsverhinderung sprechen kann, wie § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches es voraussetzt. Selbst wenn § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Ihrem Unternehmen nicht per Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen ist, wird der Entschädigungsanspruch daher nicht an § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches scheitern.
  • Dem sorgeberechtigten Arbeitnehmer steht noch ein Zeitguthaben zu – das vorhandene Überstunden- oder Plusstundenkonto ist daher vorrangig abzubauen. 
  • Der sorgeberechtigte Arbeitnehmer hat noch Urlaubstage aus dem Vorjahr. Sorgeberechtigte Arbeitnehmer können allerdings nicht darauf verwiesen werden, ihren gesamten Jahresurlaub für das laufende Jahr für die Kinderbetreuung aufzuwenden, bevor sie einen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG geltend machen können.
  • Der sorgeberechtigte Arbeitnehmer ist in Kurzarbeit und muss deswegen keine Arbeitsleistung erbringen – dann ist der Arbeitnehmer nämlich in der Lage, seine Kinder während dieser Zeit selbst zu betreuen. 
  • Der sorgeberechtigte Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten.

4. Keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit

Eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit ist z.B. gegeben, wenn

  • sich der andere (sorgeberechtigte) Elternteil um die Betreuung kümmert,
  • ein Anspruch auf eine sog. Notbetreuung besteht oder
  • andere zur Betreuung bereite Familienmitglieder zur Verfügung stehen.

Anspruchshöhe

Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Geld in Höhe von 67 % des entstandenen Verdienstausfalls. Zeitlich begrenzt ist dieser Anspruch auf sechs Wochen bzw. künftig auf 10 Wochen pro Elternteil bzw. 20 Wochen bei Alleinerziehenden. Pro vollem Monat wird höchstens ein Betrag von 2.016,00 Euro gewährt.

Wird die Betreuungszeit unterbrochen, z. B. weil die Erwerbstätigkeit vorübergehend wieder aufgenommen wird oder eine ferienbedingte Schließung vorliegt, so ruht die Bezugsdauer von 6- bzw. 10/20-Wochen. Die Gesetzesänderung sieht nun ausdrücklich vor, dass der Entschädigungsanspruch auch tageweise berechnet wird – halbe Tage oder einzelne Stunden hingegen werden nicht berücksichtigt. Das heißt, dass im Falle der 6-wöchigen Bezugsdauer der Sorgeberechtigte für insgesamt 30 Tage (berechnet nach einer 5-Tage-Woche) einen Entschädigungsanspruch hat; bei der 10- bzw. 20-Wochenfrist werden es dann 50 bzw. 100 Tage (wiederum berechnet nach einer 5-Tage-Woche) sein.
 
Sobald die Verlängerung beschlossene Sache ist, informieren wir Sie selbstverständlich!

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