Skip to main content

Teilkündigung, Kündigung auf Verlangen des Arbeitnehmers oder Freistellung zur „Erzwingung“ einer Trennungsvereinbarung – Themen, die nicht nur zur Bewältigung der Corona-Krise interessant sind 

Heute möchten wir Ihnen von drei Entscheidungen berichten, die nicht nur für die Bewältigung der Corona-Krise interessant sind.

1. Unzulässige Teilkündigungen
Gerade in der Corona-Krise mag es Fallkonstellationen geben, in denen Sie nur das Gehalt reduzieren und deshalb eine Teilkündigung aussprechen möchten. In der Corona-Krise denke man nur an Arbeitnehmer, die kein staatliches Kurzarbeitergeld bekommen können, weil sie trotz der reduzierten Arbeitszeit immer noch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung, die in den alten Bundesländern aktuell bei 6.900,00 Euro/Monat liegt, verdienen.
In einem „Nicht-Corona-Fall“ hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern per Urteil vom 25.02.2020 (Az.: 5 Sa 132/19) über eine Teilkündigung zur Gehaltsreduzierung entschieden:
 
Teilkündigungen, mit denen einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen des Arbeitnehmers geändert werden sollen, sind grundsätzlich unzulässig.
 
Teilkündigungen sind im Gegensatz zu Änderungskündigungen nicht darauf angelegt, das Arbeitsverhältnis zu beenden, wenn der Arbeitnehmer der Änderung widerspricht.
Bei Teilkündigungen geht es vielmehr darum, das Arbeitsverhältnis in jedem Falle aufrechtzuerhalten, nur eben mit zum Teil geänderten Arbeitsbedingungen.
 
Solche Teilkündigungen sind grundsätzlich aber schon per se unzulässig, wie vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern schon das Bundesarbeitsgericht entschieden hat.
 
Wenn Sie das Gehalt eines Arbeitnehmers reduzieren möchten, ginge das also bloß durch eine Änderungskündigung.
Allerdings werden an eine Änderungskündigung zur Gehaltsreduzierung mit Blick auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sehr hohe Anforderungen gestellt.
 
Besser ist es daher, sich mit den Arbeitnehmern auf eine gerade wegen der Corona-Krise nur vorübergehende Gehaltsreduzierung zu einigen.
 
Übrigens: Sie können auch mit Arbeitnehmern, für die kein staatliches Kurzarbeitergeld in Betracht kommt, eine Kurzarbeitsvereinbarung mit entsprechendem Kurzarbeitergeld vereinbaren; das Kurzarbeitergeld müssen Sie dann allerdings aus eigener Tasche bezahlen.

2. Kündigung auf Wunsch des Arbeitnehmers
Diese Situation kennen Sie alle: Ein Arbeitnehmer möchte das Unternehmen verlassen. Er möchte aber nicht selbst kündigen, um keine Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld zu haben. In Zeiten von Corona mögen diese Fälle noch zunehmen, z.B. weil Fachkräfte glauben, dass sie in einem Unternehmen anheuern können, das nicht von Kurzarbeit und damit verbundenen Gehaltseinbußen betroffen ist.
 
Wer denkt, dass ein Arbeitnehmer, der Sie mündlich um seine Kündigung bittet, keine Kündigungsschutzklage mehr erheben kann, hat leider die Rechnung ohne den Wirt bzw. ohne das Arbeitsgericht gemacht.
 
In seinem gerade veröffentlichten Urteil vom 09.12.2019 (Az.: 16 Sa 839/19) sagt das Landesarbeitsgericht Hessen auf Basis der herrschenden Meinung hierzu:

  • Der Wunsch nach einer Arbeitgeberkündigung ist kein wirksamer Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. 
     
  • Ein solcher Verzicht scheitert schon an § 623 BGB. Oder anders gesagt: Wenn schon eine Eigenkündigung eines Arbeitnehmers wegen § 623 BGB nur schriftlich möglich ist, kann für einen Klageverzicht nichts anderes gelten.

    Das bedeutet für Sie:
    Wenn ein Arbeitnehmer, der sich seine Kündigung von Ihnen gewünscht hat, trotzdem Kündigungsschutzklage erhebt, nehmen Sie die Kündigung, wie der Volksmund sagt, am besten "zurück". Juristisch korrekt setzen Sie die "Rücknahme einer Kündigung" dadurch um, dass Sie dem Arbeitnehmer anbieten, dass Sie ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, weil Ihre Arbeitgeberkündigung rechtswidrig ist, ihm Gelegenheit geben, bis zum XY Ihr Angebot anzunehmen und ihn für den Fall der Annahme Ihres Angebots auffordern, am XY um XY Uhr am Ort XY zu erscheinen, um die Arbeit wieder aufzunehmen.

    Eine andere Möglichkeit ist die, dem Arbeitnehmer infolge der Kündigung noch das eine oder andere Zugeständnis zu machen und darüber einen gerichtlichen Vergleich abzuschließen. Ein solches Zugeständnis kann in solchen Fällen insbesondere eine Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sein.

    Daraus folgt zugleich folgende weitere wichtige Erkenntnis: Erklären Sie die Freistellung in solchen Fällen nicht schon mit Ausspruch der Kündigung. Denn dann haben Sie einen wichtigen Faustpfand, über den Sie sich gerichtlich mit dem Arbeitnehmer vergleichen könnten, von vornherein aus der Hand gegeben.
  1. Freistellung eines Arbeitnehmers zur Erzwingung einer Trennungsvereinbarung
    Viele Arbeitgeber sind der Meinung, dass sie einen Arbeitnehmer, gerade in einer Situation, in der sie mit ihm über eine Trennungsvereinbarung verhandeln (weil es keinen Kündigungsgrund gibt) einfach so freistellen können. Das Ziel der Freistellung ist klar: Durch die Freistellung soll zumindest schon mal die faktische Trennung vom Arbeitnehmer vollzogen werden, zumal es, je länger der Arbeitnehmer aus dem Betrieb raus ist, leichter werden kann, eine Trennungsvereinbarung abzuschließen.

    Was viele Arbeitgeber dabei nicht bedenken:
    Ein Arbeitsverhältnis bedeutet für einen Arbeitnehmer nicht nur regelmäßige Einkünfte (die er ja auch bei der Freistellung hat), sondern auch einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Dieser Beschäftigungsanspruch folgt aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Er ist also ein sehr hohes Gut, das Grundrechtsqualität hat.

    Arbeitnehmer, die eine solche Freistellung nicht möchten, können daher sogar per Eilverfahren bzw. einstweiligem Verfügungsverfahren gegen die Freistellung vorgehen.

    So entschieden vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in dessen Entscheidung vom 06.02.2020 (Az.: 3 Sa Ga 7 öD/19).

    Damit Ihnen nicht das Gleiche passiert wie dem Arbeitgeber in dem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Fall, sollten Sie die einvernehmliche Trennung von Arbeitnehmern „generalstabsmäßig“ planen.

    So ein Ablaufplan könnte folgendermaßen aussehen:
     
    a) Was Sie vor dem Gespräch tun sollten
    Vor dem Gespräch sollten Sie sich ein konkretes Vergleichsangebot für den Arbeitnehmer überlegen. Es ist psychologisch wichtig, dass Sie den ersten Aufschlag, sprich das erste Angebot, machen.

    b) Im Gespräch
  • Vermitteln Sie dem Arbeitnehmer die klare Botschaft, dass das Unternehmen sich von ihm trennen möchte und „eiern Sie nicht herum“.
  • Wenn Sie keinen Kündigungsgrund haben, gaukeln Sie dem Arbeitnehmer auch keinen Kündigungsgrund vor. Sagen Sie ihm stattdessen, dass Sie sehr wohl wissen, dass der Arbeitgeber noch keinen Kündigungsgrund hat, dass Sie aber im Interesse aller Beteiligten ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorziehen möchten. So vermeiden Sie auch ein Anfechtungsrisiko.
  • Klären Sie den Arbeitnehmer über die Folgen des Abschlusses einer Trennungsvereinbarung auf den Bezug von Arbeitslosengeld auf oder verweisen Sie ihn auf eine Beratung durch einen Anwalt oder die Arbeitsagentur. Nach den aktuellen Durchführungsanweisungen der Arbeitsagentur könnte eine Aufhebungsvereinbarung ohne Nachteile auf den Bezug von Arbeitslosengeld grundsätzlich (Ausnahmen, über die nur die Arbeitsagentur entscheiden kann, gibt es immer wieder) dann abgeschlossen werden, wenn
    - die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird.
    - Die Beendigung nicht aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt.
    - Die Abfindung nicht größer ist als die Regelabfindung, sprich 0,5 Gehälter pro Beschäftigungsjahr.
  • Geben Sie dem Arbeitnehmer eine Woche Zeit, sich Ihr Angebot zu überlegen.
  • Bieten Sie dem Arbeitnehmer bis dahin eine bezahlte Freistellung an, damit er sich das Angebot in Ruhe überlegen und sich mit seiner Familie o.ä. besprechen kann. Erfahrungsgemäß finden es die meisten Arbeitnehmer in seiner solchen Situation sehr fair (und das ist der Unterschied zu dem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Fall), dass man ihnen eine bezahlte Überlegungsfrist gibt.  
  • Vereinbaren Sie mit dem Arbeitnehmer direkt am Ende des ersten Termins einen konkreten zweiten Gesprächstermin, in dem er Ihnen seine Antwort auf Ihr Angebot mitteilen soll. Das ist wichtig, damit der Arbeitnehmer weiß, dass es Ihnen ernst ist.

Mehr zum Thema Trennung von Arbeitnehmern in der Corona-Krise und vor allen Dingen auch zum Abschluss von Trennungsvereinbarungen können Sie in unserem Video-Workshop am 27.05.2020 erfahren. Hier der Link zur Anmeldung zu unserem Workshop und der genauen Programmübersicht.
 
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund
 
 
Bettina Steinberg          Dr. Mona Geringhoff          Lydia Voß

 

 

 

  • Erstellt am .